Informationen auf Bahnsteigen

  • From: "Gustav Doubrava" <gustav.doubrava@xxxxxxxxxxx>
  • To: <MobilInBayern@xxxxxxxxxxxxx>
  • Date: Sat, 3 Mar 2012 10:46:38 +0100

Guten Morgen der  mobilen Runde,

Am 1. Februar schrieb ich als Reaktion auf seine Ausführungen bei der
Pressekonferenz am 31. Januar in Nürnberg den folgenden Brief an Herrn
Grube. 

Pressekonferenz in Nürnberg, hier: DSA diskriminiert Blinde und
Sehbehinderte

Sehr geehrter Herr Grube, 

gestern waren Sie zur Pressekonferenz in Nürnberg. Heute konnten wir lesen,
wie der barrierefreie Ausbau von DB-Stationen, insbesondere durch den
einsatzh von Mitteln aus dem Konjunkturprogramm des Bundes, vorangekommen
ist. Im Vordergrund stand und steht der stufenlose Zugang zum Bahnsteig und
der Einbau von Leitsystemen für Blinde und Sehbehinderte, die der
Orientierung, aber auch der Sicherheit dienen. 

Zur Information der Reisenden auf Bahnsteigen der Stationen untergeordneter
Kategorien setzt die DB ? und Sie erwähnten das ausdrücklich als  besonders
fortschrifttlich ? auf DSA. Die dynamischen Schriftanzeiger mit Laufschrift.
Gehörlose Menschen werden das als besonders barrierefreie Lösung begrüßen.
Mit jedem DSA, diskriminieren Sie jedoch blinde und sehbehinderte Kunden,
indem Sie das in einschlägigen Normen zur Herstellung barrierefreier Systeme
zum Standard gewordene Zweisinneprinzip vernachlässigen. 

Blinde Reisende bleiben ohne Lautsprecherdurchsagen auf der ganzen Länge des
Bahnsteigs ohne jegliche Information. Sie können auch die Fahrzielanzeigen
und die sonstigen Informationen auf einfahrenden Zügen nicht lesen. Das kann
zu Irritationen und auch zu Gefährdungen führen. 

Menschen mit Beeinträchtigungen des Sehvermögens sind nicht in der Lage,
Laufschriften zu lesen. Für sie wären Wechselschriftanzeiger, unterstützt
durch Lautsprecherwiedergabe der angezeigten Informationen vielfach die
bessere Lösung. 

Die Vertreter der Blinden- und Sehbehindertenorganisationen, die in der
Begleitenden Arbeitsgruppe der DB konstruktiv an der Herstellung der
Barrierefreiheit im Sinne des Gleichstellungsgesetzes des Bundes (BGG)
mitarbeiten, fanden meines Wissens bisher gerade in diesem Fall kein Gehör.
Die örtlich zuständigen DB-Stellen, die den Ärger unzufriedener Kunden
auffangen, können nicht anders, als die Konzernentscheidungen so positiv wie
möglich zu kommunizieren, ohne das von ihnen sehr wohl erkannte Problem zu
lösen. 

Es ist bekannt, dass Sie, sehr geehrter Herr Grube, schon einmal in die
Rolle eines Ihrer Mitarbeiter schlüpfen, um deren Alltag besser zu
verstehen. Es ist wohl nicht nötig dass Sie sich unter der augenbinde und
mit einem Langstock auf einen Bahnsteig begeben. Nachdem Sie für eine
kundenfreundliche und menschliche Bahn stehen, könnte ein Wink genügen, um
das Unternehmen dazu zu bewegen, den eingeschlagenen Kurs zu verlassen. In
diesem Falle könnten wir verstehen, wenn Sie dabei durchaus lautlos, aber
dynamisch, dem DSA nachempfunden, vorgehen würden. 

Mit freundlichen Grüßen

i.A.

Gustav Doubrava 
Landesverkehrsbeauftragter des BBSB
e-Mail: gustav.doubrava@xxxxxxxx


Herr Grube ließfolgendes antworten:


DB NETZE                 

DB Station&Service AG ? Europaplatz 1 ? 10557 Berlin

BBSB
Herr Doubrava 
Arnulfstrasse 22 
80335 München

16, Februar 2012

Pressekonferenz in Nürnberg,
Hier: DSA diskriminiert Blinde und Sehbehinderte

Sehr geehrter Herr Doubrava,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 01.02.2012, mit dem Sie auf das Rollout
der Dynamischen Schriftanzeiger Bezug nehmen. Herr Dr. Grube hat uns
gebeten, Ihnen zu antworten.
Wir dürfen Ihnen zunächst versichern, dass die Deutsche Bahn AG der
Verbesserung der Reisendeninformation bei Unregelmäßigkeiten eine besondere
Bedeutung beimisst. Uns ist bewusst, dass gerade mobilitätseingeschränkte
Menschen in hohem Maße auf zuverlässige Informationen und Planungssicherheit
angewiesen sind. Deshalb unternehmen wir gerade auf diesem Gebiet erhebliche
Anstrengungen, um die Rahmenbedingungen für die Reise mit der Deutschen Bahn
AG permanent zu verbessern.
Mit dem Dynamischen Schriftanzeiger (DSA) wird eine Lösung realisiert, die
auch das Informationsbedürfnis mobilitätseingeschränkter Menschen
bedarfsgerecht deckt. Der DSA informiert auf Basis der von den
Eisenbahnverkehrsunternehmen gelieferten Daten über Abweichungen vom
Regelverkehr.

Wir sind uns darüber im Klaren, dass der DSA heute die Anforderungen der
blinden und sehbehinderten Bahnreisenden noch nicht zur vollen Zufriedenheit
erfüllt und somit die Akzeptanz dieser Zielgruppe noch nicht gegeben ist.
Wir haben keineswegs behauptet, dass der DSA in der heutigen Konfiguration
bereits barrierefrei sei. Mit der Einführung des DSA haben wir jedoch, auch
mit Hilfe des zeitlich begrenzten Konjunkturprogramms, einen wichtigen
Schritt zur Verbesserung der Information bei Abweichungen getan, zunächst
nur in visueller Form. Es ist allerdings beabsichtigt, die akustische
Information ebenfalls flächendeckend zu gewährleisten. Hierfür sind
allerdings noch nicht alle technischen Voraussetzungen erfüllt, genauso wie
die Informationskette von den Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Belieferung
des DSA stellenweise noch im Aufbau ist.

Wie Sie an einigen Stationen mit bereits eingeschalteter Akustikfunktion
feststellen können, ist der DSA selbstverständlich als dynamisches
Reisendeninformationssystem, das Reisende sowohl visuell als auch akustisch
informiert, konzipiert. Wir arbeiten mit Hochdruck an Weiterentwicklung und
Ausbau der zentralen Systeme, damit wir möglichst bald alle verbauten DSA
auch akustisch ansteuern können. Insbesondere die spezifischen Belange
sehbehinderter Menschen werden durch diese aktuell laufende
Weiterentwicklung berücksichtigt.
Durch die Fokussierung auf Abweichungsinformationen, wie z? B. Verspätungen
und Gleise-Wechsel, werden Reisende nicht mit einer Vielzahl von
Informationen überhäuft. Dies erhöht die Aufmerksamkeit und Verständlichkeit
und stellt eine große Erleichterung insbesondere auch für
mobilitätseingeschränkte Reisende dar, da sie sicher sein können, dass die
entsprechende Information für die eigene Bahnreise von Bedeutung ist.

Die akustische Reisendeninformation erfolgt beim DSA i. d. R. über einen
doppelseitigen Lautsprecher. Hiervon profitieren hörgeschädigte Reisende, da
Überlappungen mit anderen Lautsprechern oder Interferenzen vermieden werden.
Der DSA wird im Hauptaufenthaltsbereich der wartenden Reisenden angebracht,
sodass die akustischen und visuellen Informationen die Reisenden erreichen.
Regelmäßige Wiederholung der visuellen und akustischen Reisendeninformation
in bestimmten Zeitintervallen stellen sicher, dass der Informationsfluss
nicht unterbrochen wird und Reisende wiederkehrend über die aktuelle
Betriebslage informiert werden.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen aufzeigen, dass wir Ihrer Forderung zur
Erfüllung des 2-Sinne-Prinzips beim DSA nachkommen werden. Sie können sicher
sein, dass wir auch künftig in der Programmbegleitenden Arbeitsgruppe der DB
AG, gemeinsam mit den jeweiligen Behindertenvertretern, konstruktiv über
Sachstände und Ziele der verschiedenen Projekte diskutieren werden. Wir sind
der Meinung, dass wir nicht nur auf dem richtigen Weg sind, sondern auch
schon wichtige Meilensteine erreicht haben.
Dass Sie und Ihr Verband uns vor allem auf die Punkte hinweisen, die aus
Ihrer Sicht noch nicht befriedigend gelöst sind, ist sehr sinnvoll und wird
von uns auch als hilfreich empfunden, denn die Kundenorientierung ist für
uns ein ganz wichtiges Ziel.

Mit freundlichen Grüßen DB Station&Service AG

ppa.                                                i.A.
Andreas Bürgler                                     Marie-Claire Gaier
(Leiter Operations)                                 (Arbeitsgebietsleiterin
Reisekette)

Wenn ich solche Briefe lese, versuche ich mich auch in die Situation des
Schreibers zu versetzen. Frau Gaier hatte keinen Wink Ihres obersten Chefs
und auch nicht Ihres Vorgesetzten, den DB-Standpunkt und die konzernweiten
Entscheidungen zu verlassen. So gesehen, hat sie ihre Aufgabe ausgezeichnet
gelöst. 

Zwischen den Zeilen lese ich, dass es auf Bahnsteigen untergeordneter
Stationen keine Durchsagen einfahrender Züge geben wird, solange diese
pünktlich sind und auf dem Plangleis ankommen. Bei Verspätungen und
Gleisewechsel werden die Reisenden über die Dynamischen Schriftanzeiger
(DSA) informiert. Das geht solange an blinden und sehbehindertenReisenden
vorbei, solange die Lautsprecherdurchsage noch nicht realisiert ist. Ziel,
so Frau Gaier, ist die Ansage über Doppellautsprecher dort, wo die Reisenden
sich in der Regel konzentriert aufhalten. Auf unsere Forderung, die
Durchsage so zu gestalten, dass sie auf der gesamten Länge des Bahnsteigs zu
hören ist, geht sie geflissendlich nicht ein; auch nicht auf die Forderung.
Statt der Laufschrift- Wechselschriftanzeiger einzusetzen. Im übrigen
verweist sie auf die konstruktiven Gespräche in der Programmbegleitenden
Arbeitsgruppe der DB, Barrierefreiheit herzustellen und durchaus berechtigt
auf bereits erzielte Erfolge. 

Viele Grüße 

Doubrava 

-- 
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