[neuropsychologie] Re: AW: Demenzscreening / Uhrentest per App (Abwesenheitsbenachrichtigung)

  • From: "Doris Schmid" <Doris.Schmid@xxxxxxxxxx>
  • To: "neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx" <neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx>
  • Date: Tue, 09 Feb 2021 17:41:54 +0100

Sehr geehrte Damen und Herren, 

ich bin von Di,09.02.2021 bis einschließlich Do,11.02.2021 im Urlaub.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen
Doris Schmid

Dr.F.K.v.Wedel  (Redacted sender "fl505"for DMARC)
<dmarc-noreply@xxxxxxxxxxxxx> 02/09/21 17:41 >>>

Lieber Herr Wilbertz,

Was immer in diesem Falle ein Punktwert in der Demenzdiagnostik bedeuten
soll, ich habe in der Tat kein Vertrauen darin. 
Die angemahnten sachlichen Argumente dürften eigentlich in der
Neuropsychologie bekann sein:
1. Der Uhren-"Test" ist nicht hinreichend valide, er ist unspezifisch
und erfasst räumlich-konstruktive Störungen, kein typisches Erstsymptom
von Demenz
2. Er ist nicht hinreichend sensitiv, da die genannten
räumlich-konstruktiven Störungen nicht zu den Kernsymptomen der
Demenz im Sinne der NINCDS-ADRD gehören, wohingegen diese gar nicht
erfasst werrden
3. Er ist nicht hinreichend trennscharf im Sinne des
Bandbreiten-Fidelitäts-Dilemmas, da er einen starken Ceiling Effect
hat. 
Das Problem wird sichtbar im CERAD, der gesamthaft
Normalverteilungs-basiert normiert ist, da kriegt man schon bei 27 von
30 Punkten im MMSE einen deutlich unterdurchschnittlichen Wert.
4. Selbst für ein Screening ist er zu schmal und zu kurz (Ausspruch von
Gustav Lienert: der ideale Test ist unendlich lang).
Trotz alledem wird er so gehandelt wie ein richtiger psychologischer
Test. 
Das ist in der Tat der Alltag, den ich in der ärztlichen Praxis bei den
Arztkollegen unserer Region dauernd erlebe.

Mit aller Computer-Optimierung wird das nicht besser, und wenn das so
der PC-basierte Arbeitsalltag junger Kolleg:innen werden soll, wäre das
nicht gut, wofern es den Mythos dieses unzureichenden Tests vermehren
würde.  

Gegen computerbasierte Testung ist im übrigen nichts einzuwenden. Im
Gegensatz zu Herrn Parra finde ich die Verhaltensbeobachtung beim Testen
nicht nötig, kann im Extremfall sogar Störvariable sein, ich finde eine
"neutrale" Person bei der Testapplikation besser. Richtig ist, dass man
die Bewertung nicht anderen Instanzen überlassen darf, das gilt nicht
nur, aber natürlich besonders in der Neuropsychologie. - 
Dass wir mit Paper-Pencil-Tests nur eine bestimmte Arbeitsweise
abtesten, wird bei Malen am Bildschirm etwas anders, aber für manche
andere praktische Tätigkeit vermutlich auch nicht viel repräsentativer,
obwohl ich das nicht wirklich beurteilen kann. Jedenfalls habe ich immer
Vorbehalte, wenn ich alte Landwirte nach Paper-Pencil-Tests beurteilen
soll, das entspricht nicht ihren Arbeitsgewohnheiten, und vielleicht
wird das für sie mit Tablets irgendwann sogar vertrauter werden.

Natürlich hat computerbasiertes Testen seine erheblichen Vorteile, aber
die müssen in richtiger Weise realisiert werden. Ideal sind vor allem
selbstadaptierende Verfahren, die nach den ersten Items gezielt in den
Leistungsbereich der untersuchten Person wechseln und damit viel
unnötiges Testen verkürzen - bei längeren Batterien ist ja immer
abzuschätzen, was Leisrung und was Daueraufmerksamkeit ausmacht, das ist
auch nicht immer mit Verhaltensbeobachtung auseinanderzuhalten. Mit den
heutigen IT-.Möglichkeiten wäre das realisierbar, ist aber immer noch
noch breit durchgesetzt. Wenn wir den Jüngeren in solchen Dingen
weiterhelfen könnten, wäre das unbedingt ein Fortschritt.
Gruss,
F.v.Wedel




-----Ursprüngliche Mitteilung-----
Von: alfred.wilbertz@xxxxxxxxxxx <Alfred.Wilbertz@xxxxxxxxxxx>
An: neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx <neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx>
Verschickt: Di, 9. Feb. 2021 13:16
Betreff: [neuropsychologie] AW: Demenzscreening / Uhrentest per App


Hallo Herr Parra und Herr von Wedel,

 

ich finde es etwas befremdlich, mit welcher Pauschalität sie hier von
Königsdisziplin (gemeint ist wohl die Neuropsychologie), Problemen
der Berufspolitik, Delegation neuropsychologischer Diagnostik an die
Ergotherapie,  vom "ärztlichen Alltag" und dem Vertrauen in einen
Punktwert der Demenzdiagnostik schreiben. Und dann schreiben Sie
".....tolle Algorithmen mit Einsatz von Künstlicher Intelligenz, daran
kann man sich ergötzen, abere das sagt mehr über das Hirn des
Untersuchers als des Untersuchten aus...".  


Wenn Ihnen die o.g. Sachhalte so wichtig sind, warum versuchen sie es
nicht mal mit einer fachlichen Argumentation? 

Allerdings scheint mir das allgemein was aus der Mode gekommen zu sein. 

 

Ich selbst hatte mich da letzte Tage mal eine freie halbe Stunde dran
versucht (anlässlich der Einschätzung des Kollegen Witt-Brummermann),
und ein paar Sachverhalte in den Kreis zurückgeschrieben, die eine
Rechner-gestützte Durchführung und Interpretation eines Uhrentests m.E.
zumindest fragwürdig erscheinen lassen   (das Problem fehlender
Spezifität hatten  ja auch Sie angesprochen).

 

In der Hoffnung auf mehr Hinschauen und sachliche Argumentation in der
verehrten Kollegenschaft  - gerade der Jüngeren, auf die PC-gestützte
Diagnostik so sicher zukommt wie das berühmte Amen der Kirche,,,  

Wäre das nicht auch berufspolitisch relevant?

 

A. Wilbertz

 

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [neuropsychologie] Demenzscreening / Uhrentest per App

Datum: 2021-02-08T21:38:35+0100

Von: "Dr.F.K.v.Wedel" <dmarc-noreply@xxxxxxxxxxxxx>

An: "neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx" <neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx>

 

 

 
Da muss ich Herrn Parra beipflichten. 
Wenn ich Patient:innen gut kenne, brauche ich in der Regel keinen
Uhren-"Test", um ihre kognitive Entwicklung abzuschätzen.
Umgekehrt hat der Uhrentest sicher eine gewisse Sensitivität, aber im
Einzelfall fragliche Spezifität. Was für ihn zu sprecxhen scheint, ist
die grundsätzlich positive Gewohnheit dser Ärzte, im Zweifel objektive
und in der Regel quantifizierbare Zusatzuntersuchungen zu vernlassen,
die dann von anderen Instanzen durchgeführt werden. Da muss man sich
dann auf die Fachleute verlassen: Mit welchen Messmethoden die
Leberwerte im Blut wirklich genau gemessen werden, weiss ich nicht, das
verlangt auch keiner von mir, und jeder wird sagen, das ist so
kompliziert, das kann keiner alles wissen. Aber wird man der Komplexität
mentaler Dispositionen gerecht, wenn man das Zeichnen einer Uhr vom
Computer beurteilen lässt? Sicher gibt es da tolle Algorithmen mit
Einsatz von Künstlicher Intelligenz, daran kann man sich ergötzen, abere
das sagt mehr über das Hirn des Untersuchers als des Untersuchten aus.
Wobei: Als Scrteening-Instrument durchaus diskutabel, aber zumindest in
einen Kurztest wie in den MoCA integriert - damit kann man ja sogar
amerikanische Politiker testen. Aber im ärztlichen Alltag sieht es in
der Tat so aus: Einmal eine Uhr gezeichnet, und die Diagnose steht.
Gruss,
F. K. von Wedel


-----Ursprüngliche Mitteilung-----
Von: mauparra@xxxxxx
An: neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx
Verschickt: So, 7. Feb. 2021 18:29
Betreff: [neuropsychologie] Re: AW: Re: Demenzscreening / Uhrentest per
App

*** neuropsychologie.freelists.org ***  Hallo!das ist was die Mediziner
im Allgemein wollen und tun: einen Punktwert mitklassifikatorischer
Interpretation zu bekommen, auch so schnell wie möglichführend zu einer
dichotomischen Diagnostik: Demenz oder keine
Demenz.Verhaltensbeobachtung? Anscheinen keinen Wert. Und wenn
dieseTestung ausschliesslich den Ergotherapeuten weiterhin delegiert
wird, dannwird in der Zukunft unsere Königsdisziplin auf der Strecke
bleiben.Hoffentlich bleiben wir in einer fernen Zukunft nicht
arbeitslos...dann indieser Hinsicht würden die Probleme unserer
Berufpolitik wiederauftauchen.Wie gesagt, ich werde nur als Neuro-Psy
gefragt, wenn der Ergo und derMediziner Interpretationsprobleme
haben....sonst ist der Punktwert, die aucheine App liefern könnte, der
einfacher Weg! Mit Sonntagsgrüßen,Mauricio Parra  On 4 Feb 2021 at
11:50, Dr. Witt-Brummermann Matthias wrote: > ***
neuropsychologie.freelists.org ***>>> Hallo,>> "Machine-Learning" mag in
Zukunft vielleicht stärker sein. Bei der vorgeschlagenen Variante des
"Uhren-Test" (Abfotografieren und automatisierte Auswertung über eine
App) bleibt allerdings eine "Königsdisziplin" der Neuropsychologie auf
der Strecke: die Verhaltensbeobachtung. In diesem Fall sehe ich am Ende
nur das Produkt und versehe es mit einem Punktwert, habe aber keinerlei
Information über dessen "Entstehungsgeschichte". Da gehen mir als
Diagnostiker mit Sicherheit in vielen Fällen wichtige Hinweise zu
räumlichen-visuellen Störungen oder Problemen in der Handlungsplanung
verloren. Da ist der Nutzen der App geringer als der Preis, den ich dann
in der Diagnostik dafür zahle.>> Es grüßt>> Dr. Matthias
Witt-Brummermann> Aatalklinik Wünnenberg>> -----Ursprüngliche
Nachricht-----> Von: neuropsychologie-bounce@xxxxxxxxxxxxx
[mailto:neuropsychologie-bounce@xxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von
mauparra@xxxxxx
Gesendet: Mittwoch, 3. Februar 2021 19:03> An:
neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx
Betreff: [neuropsychologie] Re: Demenzscreening / Uhrentest per App>>
*** neuropsychologie.freelists.org ***>>> Hallo,>> wir sollten diese
Techniken (ML) nutzen (die klinische Zukunft wird mit mehr
Machine-Learning kommen) und dass die Interpretation in unseren Händen
bleibt. Bislang in der Geriatrie wird der Uhren-Test von den Ergos
gemacht und automatiziert, und von den Ärzten nach festen Schemata
interpretiert.> Manchmal werde ich als Neuropsycho gefragt, nicht immer,
wenn die Ergos unsicher sind.....>> Frau Kühne, vielen Dank für den
Nature-Link!>> Mit freundlichen Grüßen,> Mauricio Parra>> On 3 Feb 2021
at 12:24, ekaterina.kuehne wrote:>> >> > Hallo!> >> >
https://www.nature.com/articles/s41598-020-74710-9
Mit freundlichen Grüßen> >> > Katharina Kühne> >> > Am Mi., 3.
Feb. 2021 um 12:13 Uhr schrieb Praxis Seuling <mail@xxxxxxxxxxxxxxxxx>:>
   Liebe KollegInnen, liebe Kollegen,> >> >    ist mir über den Weg
gestolpert, meine Frage in die geschätzte Runde:> >> >    Kennt jemand
den Autor/die Veröffentlichung? Hat jemand Erfahrungen?> >> >   
https://www.gelbe-liste.de/neurologie/app-demenz-diagnose
    
https://www.fau.de/2020/12/news/wissenschaft/eine-app-soll-den-uhrentest-durchfuehren-u
   nd-kuenftig-demenzen-erkennen/> >> >    Fröhlich aus dem etwas
trüben Oberfranken> >> >    Matthias Seuling> >    DP/NP/PP in
Bamberg> >> > --> > Mit freundlichen Grüßen> >> > Katharina Kühne>>>>
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