[sge-liste] PRESSE:FR:Wildwest ohne Happy End

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  • Date: Wed, 27 May 2020 21:50:17 +0200

GUTE LEISTUNG, ABER NUR 3:3

Eintracht Frankfurt gegen Freiburg: Wildwest ohne Happy End
Ingo DurstewitzvonIngo Durstewitz
Eintracht Frankfurt schießt 39-mal auf das Freiburger Tor, muss am Ende aber
mit einem 3:3 zufrieden sein, weshalb der Abstiegskampf nun Realität ist.

Wieder nichts mit dem ersehnten Dreier. Auch am Dienstagabend blieb
Eintracht Frankfurt sieglos und hat es verpasst, einen Schritt aus dem
Schlamassel zu machen. Gegen den SC Freiburg kamen die Hessen nicht über ein
Remis hinaus, am Ende eines rasanten und unterhaltsamen Wildwestspektakels
im Stadtwald hieß es 3:3 (1:1). Es war eine einigermaßen verrückte Partie,
die die Eintracht aufgrund einer Hülle an Torchancen eigentlich hätte
gewinnen müssen, zum Schluss aber heilfroh sein musste, überhaupt noch einen
Zähler erhascht zu haben. Denn zwischenzeitlich lag die Mannschaft von
Trainer Adi Hütter scheinbar aussichtslos mit 1:3 zurück. Und das, obwohl
die Eintracht fast schon unglaubliche 39 Torschüsse abgab – „und 25
hundertprozentige Torchancen hatte“, wie Rechtsaußen Timothy Chandler ein
klein wenig übertrieb.

Eintracht Frankfurt aber zeigte Moral und holte nach fünf Niederlagen in
Serie immerhin mal wieder einen Punkt. Die Luft wird dennoch immer dünner.
Die Realität in Frankfurt heißt Abstiegskampf.

Die Spieler waren jedenfalls bedient nach dem 3:3. „Ich kann mit dem Punkt
überhaupt nicht zufrieden sein. Wir hatten sieben, acht Hundertprozentige,
die unsere Stürmer verwerten müssen“, monierte Verteidiger Stefan Ilsanker.
„Wir hätten gewinnen müssen, der Punkt ist zu wenig“, pflichtete ihm
Chandler bei.

Trainer Adi Hütter hatte seine Mannschaft erwartungsgemäß umgekrempelt, mit
fünf Niederlagen im Gepäck blieb ihm im Grunde auch nichts anderes übrig.
Der Österreicher kehrte zur früheren Ausrichtung zurück, nominierte eine
Dreierabwehrkette mit Makoto Hasebe als deren Kopf. Der Japaner führte das
Team auch aufs Feld, weil Kapitän David Abraham verletzungshalber doch
passen musste. Im Angriff setzte Hütter erstmals wieder auf zwei Spitzen,
Bas Dost stürmte an der Seite von André Silva, dahinter sollte Daichi Kamada
für die kreativen Momente sorgen. „Wir denken, dass wir damit sehr offensiv
aufgestellt sind“, sagte Hütter.

Die Praxis korrespondierte dann tatsächlich mit der Theorie, nach
anfänglichen Schwierigkeiten fanden die Frankfurter besser ins Spiel und
erarbeiteten sich peu à peu so viele Chancen, wie sie in den vorherigen
Partien zusammen nicht hatten. Es war teilweise schon grotesk, wie viele und
qualitativ hochwertige Gelegenheiten die Frankfurter da in hoher Frequenz
ausließen. Der Freiburger Keeper Alexander Schwolow, der Teufelskerl
zwischen den Stangen, avancierte zum echten Spielverderber. Den Anfang
machte der spielfreudige André Silva, der nach einer starken Balleroberung
von Sebastian Rode aber viel zu lange zögerte und den Ball schließlich zu
Filip Kostic ablegte, der aber abgeblockt wurde (7.).

So ähnlich ging es weiter, die Eintracht, bei der überraschenderweise auch
Lucas Torro aufgeboten wurde, in der Halbzeit aber schon wieder in der
Kabine blieb, spielte gewiss nicht die Sterne vom Himmel, aber sie arbeitete
sich in die Partie hinein und kaufte den anfangs überlegenen Breisgauern den
Schneid ab. Kostic (13.) und Dost (16.) vergaben aber früh, die beste
Möglichkeit eröffnete sich nach 21 Minuten erneut dem Niederländer Dost, der
aber verzog. Auch hier hätte indes der starke Sebastian Rode schon vorher
abschließen können und nicht querspielen müssen. Sei’s drum.

Und dann kam es, wie es so oft kommt, just, als die Platzherren sich immer
besser einfanden, schlugen die Freiburger zu. Vincenzo Grifo, in grauer
Vorzeit mal beim kleinen Nachbarn FSV am Bornheimer Hang am Ball, tanzte
Verteidiger Ilsanker aus und erzielte durch einen von Hasebe leicht
abgefälschten Schuss das 0:1 (28.). Ein Nackenschlag.

Doch die Hessen ließen sich dieses Mal nicht aus der Bahn werfen, sie
antworteten mit wütenden Angriffen, und es spielte ihnen in die Karten, dass
sie nicht lange brauchten, ehe der Ausgleich fiel. Regisseur Kamada
scheiterte an Keeper Schwolow, doch den Abpraller verwertete Silva per Kopf
zum 1:1 (33.). Es war der Auftakt zu einem fulminanten Schlussspurt, der
quasi bis zum Schlusspfiff anhielt.

Es war im Anschluss wie verhext, die Eintracht, bei der Mittelfeldspieler
Djibril Sow nach zwei denkbar matten Auftritten aus dem Kader geflogen war,
konnte versuchen, was sie wollte, die Kugel wollte einfach nicht über die
Linie. Egal, ob Kostic (40.), Kamada (43.), nach der Pause dann Silva (46.),
Kamada (53.), Silva (55.), Martin Hinteregger (56.) oder Dost und Silva im
Duett (64.) – sie alle brachten es fertig, gute, sehr gute oder exzellente
Tormöglichkeiten nicht zu verwerten. Es war abenteuerlich.

Die Breisgauer konnten sich natürlich bei ihrem Torwart bedanken, der über
sich hinauswuchs. Und der seinen Vorderleuten Sicherheit gab. Diese nutzten
sie für so manch zaghaften Entlastungsangriff, und weil es sich im Fußball
ja wirklich nicht selten rächt, wenn man vorne alles verballert, war es auch
dieses Mal so: Nach einem Foul von Stefan Ilsanker war es Nils Petersen, der
den Gastgebern per Kopf eine kalte Dusche verpasste (67.), und nur zwei
Minuten später machte Lucas Höler per Konter das 3:1 für den Sportclub.
Verkehrte Welt im Stadtwald.

Immerhin zeigten die Frankfurter Moral, gaben sich nicht auf, der
eingewechselte Mijat Gacinovic scheiterte an Schwolow (78.), doch kurz
darauf schaffte Kamada den Anschluss. Die Eintracht blieb am Drücker, mit
wilden Angriffen berannte sie den Freiburger Kasten, und nach einer Flanke
von Kostic war es der eingewechselte Timothy Chandler, der mal wieder seinen
Torriecher unter Beweis stellte und zum 3:3 einnetzte (82.).

Die Platzherren wollten nun mehr, die letzten Reserven, die sie im Tank
hatten, mobilisierten sie und drängten auf den Siegtreffer. Der wollte aber
nicht mehr fallen. Und so wird sich die Eintracht wohl auf einen
ungemütlichen Kampf gegen den Abstieg einstellen müssen. Ausgang ungewiss.


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