[sge-liste] PRESSE:FR:Gefahr im Verzug bei Eintracht Frankfurt

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  • Date: Mon, 18 May 2020 17:44:26 +0200

NACH NIEDERLAGE GEGEN GLADBACH

Gefahr im Verzug bei Eintracht Frankfurt
Ingo DurstewitzvonIngo Durstewitz
Eintracht Frankfurt befindet sich im freien Fall, auch weil Trainer Adi
Hütter einige handwerkliche Fehler unterlaufen.

Eintracht Frankfurt verliert gegen Mönchengladbach
Trainer Adi Hütter unterlaufen Fehler
Eintracht Frankfurt: Keine Kreativität, keine Anspielstationen, kein Druck,
keine Überraschungsmomente

Am späten Samstagabend hat Fredi Bobic dann doch noch ein Erfolgserlebnis
verbuchen können, an der Torwand im Aktuellen Sportstudio. Kurz nach
Mitternacht lochte der Sportvorstand von Eintracht Frankfurt dreimal ein,
zwei oben, einen unten. Seinem Kontrahenten ließ er keine Chance. Manuel
Watzal, Stürmer der SG Laufenselden II, Kreisliga C, Bayern-Fan, schaffte
nur einen Volltreffer. „Vielleicht gehen Sie ja doch noch mit einem Lächeln
nach Hause“, bedeutete Moderatorin Dunja Hayali. „Mit einem 3:1“, entgegnete
Bobic schmunzelnd. 


Eintracht Frankfurt gibt trauriges Bild ab
Im Geisterspiel ein paar Stunden vor der Geisterstunde war es genau
andersherum, das hatte seine Mannschaft zu Hause gegen die von Borussia
Mönchengladbach sang- und klanglos verloren, 1:3. Zum Lachen war da im
Frankfurter Lager niemandem zumute. Das Bild, das Eintracht Frankfurt nach
der Corona-Zwangspause auf dem Fußballfeld abgibt, ist ein trauriges, aber
kein ungewohntes.

Im Kern hat sich seit dem letzten Pflichtspiel gegen den FC Basel am 12.
März 2020 nichts, aber auch gar nichts geändert. In exakt neun Wochen und
zwei Tagen hat sich Eintracht Frankfurt in keinem einzigen Segment auch nur
eine Nuance weiterentwickelt, wer es sich einfach machen möchte, kann das
Gebotene auf eine kurze Formel bringen: hinten nichts, vorne nichts, in der
Mitte (gar) nichts.

SGE: Eintracht-Trainer Adi Hütter unterlaufen handwerkliche Fehler
Im Zentrum des Dilemmas steht Trainer Adi Hütter, dem inzwischen
handwerkliche Fehler unterlaufen. Zur Verwunderung vieler hat der 50-Jährige
personell nämlich kaum etwas verändert und den Neustart lediglich dazu
genutzt, Altbekanntes aufzuwärmen. Das könnte man nachvollziehen, wenn es
zuvor rund gelaufen wäre. Ist es aber nicht. Bereits vor dem Corona-Break
ist das gesamte Eintracht-Gebilde in eine gefährliche Schieflage geraten,
die Leistungen des Teams waren besorgniserregend, genauso wie die Resultate.
Und was macht der verantwortliche Trainer? Genauso weiter wie zuvor. Das ist
ganz schön einfallslos und auch erstaunlich.

Gegen Gladbach standen neun Spieler auf dem Platz, die sich auch beim 0:3
gegen Basel in der Startformation wiederfanden, jetzt spielte sogar noch ein
Zerstörer mehr, der Haudegen Stefan Ilsanker ersetzte den Strategen Makoto
Hasebe. Keine gute Idee. Hütter hatte offenbar sehr viel Respekt vor der
Wucht der Gladbacher Offensivreihe. Er habe zwar mit dem Gedanken gespielt,
Hasebe in die Abwehr einzubauen, doch er habe „Bedenken“ gehabt, dass der
betagtere Japaner wegen der „Power der Gladbacher Stürmer vielleicht das
Nachsehen“ gehabt hätte. Das hatten dann die anderen. Hinterher, klar, ist
man schlauer. „Manchmal macht der Trainer alles richtig. Wenn man verliert,
macht er sehr viel falsch“, sagte Hütter. Mit der Erfahrung des Erlebten
„hätte ich vielleicht ein bisschen anders aufgestellt“.

Adi Hütter trifft verwegene Entscheidung 
Noch verwegener war seine Entscheidung, Stürmer André Silva aus dem Team zu
nehmen und durch Bas Dost zu ersetzen. Silva war vor der Pause einer der
besten Akteure. Hütter begründete seine Maßnahme damit, dass er durch den
Hünen Dost mehr Kopfballstärke ins Spiel bringen wollte. „Wir wollten
Gladbach über Standards wehtun.“ Auch das funktionierte nicht.

Unglücklich war überdies die Besetzung des Mittelfelds und der Abwehr.
Hinten setzt der Fußballlehrer weiter auf eine Viererkette, obwohl Evan
Ndicka auf links und gerade Almamy Touré auf der anderen Seite seit geraumer
Zeit von einer Verlegenheit in die nächste taumeln. Weshalb etwa Danny da
Costa gar keine Rolle mehr spielt, ist rätselhaft. Der 26-Jährige stand in
der vergangenen Saison in allen 50 Partien in der Startformation, nun ist er
außen vor, in den letzten fünf Bundesligaspielen kam der Rechtsverteidiger
gar nicht mehr zum Einsatz.

Auch im Mittelfeld baut Hütter in aller Regel auf Personal, das seine
Stärken im Zerstören hat. Die Folge: Keine Kreativität, keine
Anspielstationen, kein Druck, keine Überraschungsmomente, kaum Torchancen –
und wenn dann die Emotionalität durch die fehlenden Zuschauer wegfällt,
entfaltet sich keine Leidenschaft und damit keine Wucht. Die
Geisterspielatmosphäre lässt die fußballerischen Defizite der Mannschaft
noch sehr viel deutlicher zutage treten.

Eintracht Frankfurt geht schwierigen Zeiten entgegen
Ein Problem ist auch die Schlafmützigkeit zu Beginn eines Spiels, gegen
Gladbach lagen die Hessen bereits nach 36 Sekunden mit 0:1 (Alassane Plea)
und nach sieben Minuten mit 0:2 (Marcus Thuram) zurück. Die laxe Einstellung
brachte einen Herren aus der Frankfurter Entourage dergestalt auf die Palme,
dass er aufs Feld rief, dass es sich hier nicht um ein Freundschaftsspiel
handele. „Das war nicht von mir, aber als Weckruf nicht verkehrt“, urteilte
Hütter. Er habe dann nämlich „viele Sachen gesehen, die mir gefallen haben“.
Was genau, behielt er für sich. Für die Eintracht reichte es nur noch zum
1:3 durch Silva (81.), zuvor hatte Ramy Bensebaini einen fragwürdigen
Strafstoß, den Hütter gar als Geschenk bezeichnete, glücklich verwandelt
(73.).

Die Eintracht, am Samstag in München zu Gast, geht schwierigen Zeiten
entgegen, sie hat die letzten drei Pflichtspiele verloren (1:10 Tore) und
die letzten vier Bundesligapartien (2:13 Tore). Sie wird sich glücklich
schätzen können, wenn sie nichts mit dem Abstieg zu tun haben wird. „Ich
mache mir keine Sorgen, aber Gedanken“, sagte Hütter. „Wir sind uns der
Situation bewusst. Sie ist sehr unangenehm.“ Wer sollte da widersprechen?

Einige Lokale in Frankfurt zeigten das Geisterspiel der Eintracht* auf ihren
Flachbildschirmen – auch dort blieb es leer.


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