[sge-liste] Kicker: Frankfurts Antwort auf die Super League

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  • Date: Wed, 7 Jul 2021 18:30:32 +0000

Eintracht holt Ex-DFB-Mann Hamama

Frankfurts Antwort auf die Super League

Mit Samy Hamama holt Eintracht Frankfurt eine Art Außenpolitiker in den
Klub. Das hat vor allem mit den jüngsten Entwicklungen im internationalen
Fußball zu tun, die mancherorts nicht gerade auf eine Rückbesinnung zu
gesundem Wirtschaften schließen lassen - Stichwort Super League und
Deregulierung des Financial Fairplay.

Es ist schon ein bisschen kurios, dass vor knapp anderthalb Jahren - die
Pandemie war gerade dabei, sich wie ein Schatten über Europa zu legen - ein
gewisser Samy Julien Hamama die Termine der DFB-Granden beim Kongress der
UEFA in Amsterdam orchestrierte. Weil an diesem Tag ja Dr. Rainer Koch,
damals DFB-Vizepräsident und aktueller Interimsvorstand mit Peter Peters,
ins Exekutivkomitee der Konföderation gewählt wurde.

Hamama also flitzte für Koch, für Fritz Keller, für Dr. Friedrich Curtius
übers internationale Parkett. Organisierte, vermittelte, stellte vor. Der
Jurist aus Frankfurt/Main war damals Leiter von Kellers Präsidialbüro und
als solcher engster Vertrauter des Winzers, der sich später mit Curtius und
Koch zerstritt und mittlerweile zurückgetreten ist nach seiner verbalen
Freisler-Entgleisung. Auch Curtius ist weg und auch Hamama.

Hamama zwischen den Stühlen
Dem wurde unter anderem von Curtius gekündigt mit dem Vorwurf, er habe sich
zu Unrecht und im Auftrag Kellers eine Rechnung besorgt und diese ans ZDF
durchgestochen. Beweise für die Durchstecherei gibt es nicht, Hamama klagte
vor dem Arbeitsgericht Frankfurt. Die Richterin regte eine außergerichtliche
Einigung an, ließ aber durchblicken, dass sie den Informationsfluss beim DFB
eher seltsam fand und Hamama durchaus im Recht sieht. Auch die hauseigene
Ethikkommission, jüngst im Handstreich in die Selbstauflösung getrieben,
hatte so ihre Zweifel an dem Vorgang. Hamama, der Eindruck verfestigte sich
in den vergangenen Wochen zunehmend, schien ein Opfer im Machtkampf zwischen
Keller auf der einen und Koch und Curtius auf der anderen Seite.

"Wir müssen wachsam sein"
Nun hat der ehemalige Verbandsmann einen neuen Job bei Eintracht Frankfurt,
und auch da wird es darauf ankommen, sich geschickt auf dem internationalen
Parkett zu bewegen. Man könnte fast behaupten, der zweifache Familienvater
ist die Antwort der Hessen auf die abstruse Super-League-Initiative einiger
Fußballfantasten. "Die jüngsten Entwicklungen im internationalen Fußball,
insbesondere die Pläne zur Gründung einer europäischen Super League, haben
uns gezeigt, dass wir wachsam sein müssen, damit der Fußball nicht mit
drastischen Auswirkungen auf die Existenzgrundlage der mitgliedergeführten
Bundesligavereine in eine Sackgasse geführt wird", mahnt Vorstandssprecher
Axel Hellmann in der Pressemitteilung, die Hamamas neue Aufgabe umreißt: Der
38-Jährige wird am Main künftig den Bereich Internationale Beziehungen und
Sportprojekte führen. Den internationalen Bereich hatte Hamama bereits beim
DFB übernommen, zuvor hatte er Selbiges bei der FIFA verantwortet. Auch die
Vergabe der EURO 2024 nach Deutschland betreute Hamama eng - ehe er zwischen
die Mühlen des DFB-Machtkampfs geriet.

Nun soll er sein Netzwerk für die Eintracht einsetzen, der es zuvorderst
darum gehen dürfte, im internationalen Rattenrennen ein wenig auf die Bremse
zu treten. Hellmann, das ist kein Geheimnis, betrachtet wie viele aus dem
Bundesliga-Mittelstand die Wildcard-Lösung für die Champions League ab 2024
skeptisch, die im Zuge des Super-League-Theaters beinahe schon
widerstandslos eingeführt wurde. Von den Erstvorschlägen zur
Financial-Fairplay-Reform durch die UEFA mal ganz zu schweigen. Auch Hamamas
Aussagen über die Eintracht - "ihr Modell eines stetigen, nachhaltigen
Wachstums aus eigener Kraft heraus kann als Best Practice für einen gesunden
und gerechten Wettbewerb bezeichnet werden" - zeigen klar, in welche
Richtung die Frankfurter die Entwicklung beeinflussen wollen. Bleibt
abzuwarten, ob das gelingen kann.

Benjamin Hofmann


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