Die Rückkehr von Kevin Trapp tut Eintracht Frankfurt gleich dreifach gut - als
Ballfänger, Persönlichkeit und Doppelpasspartner.
Frankfurt - In dieser Saison ist Kevin Trapp zumindest in einer Kategorie
bislang leer ausgegangen, im Sammeln von Scorerpunkten, was einerseits
verständlich ist wie andererseits ungewöhnlich. Verständlich, weil Kevin Trapp
bekanntlich das Tor des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt hütet wie
seinen Augapfel, er tut das ziemlich gut, mit viel Ruhe, Abgeklärtheit und
Souveränität, mit reaktionsschnellen Paraden und einem prima Stellungsspiel.
Ungewöhnlich, weil der Frankfurter neben seiner Aufgabe als Torwart häufig auch
noch einen weiteren Job zu verrichten hat, den eines Feldspielers: Der
zupackende Mann kann erstaunlich gut mit dem Ball umgehen, er kann ihn weit und
zentimetergenau nach vorne passen, mit links wie mit rechts, selbst unter
Bedrängnis. Eine seiner Spezialitäten ist der gechipte Ball, der im sanften
Bogen dem Mitspieler auf den Spann fällt.
Kevin Trapp hätte aber längst schon einen Scorerpunkt sicher, wenn Mijat
Gacinovic nicht so hippelig vor dem Tor reagiert hätte. In Sinsheim war es, am
ersten Rückrundenspieltag gegen Hoffenheim, als der schmächtige Serbe nach
einem weiten und präzisen, vor allem: gewollten Schlag von Kevin Trapp alleine
vor dem Tor auftauchte, dann aber wieder seinen sprichwörtlichen Zitterfuß
bekam und lieber abspielte als zu schießen. Das Abspiel missriet. Der Pass des
Torhüters aber hätte einen Treffer allemal verdient.
Eintracht Frankfurt: Trapp ist wichtiger Faktor
Der Frankfurter Ballfänger ist im Spiel der Hessen nach vorne ein wichtiger
Faktor. Nicht viele Schlussleute gibt es in der Liga, die den Spielaufbau so
entscheidend prägen wie Trapp das in Frankfurt tut. Er eröffnet das Spiel, er
wird häufig von seinen Mitspielern gesucht, er verteilt die Bälle selbst unter
Druck, jeder im Team weiß: Wenn sich nach vorne keine Anspielmöglichkeiten
bieten, geht es allemal nach hinten zu Trapp, der richtet es schon, er
verändert dann eine oft festgefahrene Spielsituation.
Und Kevin Trapp wird regelmäßig als Spielpartner gesucht, in aller Regel hat er
50 bis 55 Ballkontakte, häufig mehr als ein Gros der Feldspieler. In der
Bundesligapartie gegen RB Leipzig (2:0) etwa hatte nur Filip Kostic häufiger
den Ball am Fuß, nämlich 55 Mal, Trapp kam auf 52 Kontakte, Timothy Chandler,
der rechte Flügelmann, auf 41. Spötter sehen den 29 Jahre alten Torwart
durchaus auch als Alternative im Frankfurter Mittelfeld.
Fußballerisch gehört Trapp ganz sicher zu den Stärkeren, zu Manuel Neuer oder
Marc-André ter Stegen, besser als Bernd Leno, dem Konkurrenten um Platz drei in
der Nationalmannschaft, ist er allemal. Die Nationalmannschaft, für die sich
der gebürtige Saarländer dreimal quer legte, ist weiterhin das ganz besondere
Ziel des ehrgeizigen Trapp, die Europameisterschaft im Sommer hat er als sein
großes Ziel ausgegeben. "Da möchte ich hin." Die Chancen stehen nicht schlecht,
insbesondere deswegen, weil Trapp seit seiner Rückkehr ins Tor nicht nur
spielerisch überzeugte, sondern eben auch in seiner Kernkompetenz: dem Halten
von Bällen.
Eintracht Frankfurt: Fulminanter Start in die Rückrunde
Dass Eintracht Frankfurt so fulminant aus der Winterpause gekommen ist, dass
der ausgangs der Hinrunde so arg schwächelnde Klub schnurstracks zurück in der
Spur ist, hat neben einer taktischen Veränderung und neuer Frische auch mit der
Rückkehr des Stammkeepers zu tun. Trapp, der wegen eines Anrisses der
Rotatorenmanschette in der Schulter drei Monate ausgefallen war, hat der
Mannschaft alte Sicherheit vermittelt, hat seinen Kasten weitgehend sauber
gehalten.
Als Defensivspieler agiert man anders, selbstsicherer, ruhiger, wenn man einen
Klassemann im Rücken weiß. Drei Gegentore in fünf Pflichtspielen sprechen eine
deutliche Sprache, 75 Prozent aller Bälle hat der Schlussmann abgewehrt. Selbst
bei der jüngsten 5:0-Gala gegen den FC Augsburg war es Trapp, der "uns im Spiel
gehalten hat", wie Trainer Adi Hütter lobte. Wer weiß, wie die Partie
ausgegangen wäre ohne seine herausragenden Paraden in der ersten Halbzeit. Von
den Spielen gegen Hoffenheim und Leipzig ganz zu schweigen. Und aus dem Spiel
heraus hat der noch bis 2023 an Frankfurt gebundene Trapp lediglich den Treffer
von Dani Olmo im Pokal (3:1) gegen Leipzig kassiert, die Gegentore in
Hoffenheim und Düsseldorf resultierten nach Standards.
Kevin Trapp tut der Mannschaft einfach gut, der ist darüber hinaus kraft seiner
Persönlichkeit, seines Charismas ihr Gesicht. Er ist einer, der vorangeht,
dessen Worte, auch deutliche, in der Kabine Gewicht haben und Nachhall finden.
Nach dem dürren 1:1 bei Fortuna Düsseldorf sprach die Nummer eins zu Recht von
"einer Leistung, die nicht zu akzeptieren ist". Sein Ehrgeiz überträgt sich
aufs Team, zuletzt und nach vier Siegen und einem Remis erinnerte er an die
Serie aus dem vergangenen Jahr, als Eintracht
Frankfurt<https://www.fr.de/zr-mitte/sport/fussball/eintracht-frankfurt/eintracht-frankfurt-sge-timothy-chandler-kreis-schliesst-sich-zr-13535583.html>
bis April und in elf Spielen ungeschlagen geblieben war. "Wenn es dieses Jahr
wieder so wäre, wäre es schön", sagt er wissend, dass am Freitag bei Borussia
Dortmund eine etwas kniffligere Aufgabe wartet. Gerade auf ihn wird es im
Hexenkessel in
Dortmund<https://www.fr.de/zr-mitte/sport/fussball/eintracht-frankfurt/eintracht-frankfurt-borussia-dortmund-bvb-erling-haaland-stoppen-zr-13533560.html>
und gegen 80 000 Zuschauer ankommen. Trapp weiß das natürlich, er sagt
trotzdem: "In Dortmund müssen wir uns nicht verstecken. Wenn wir so auftreten
wie zuletzt, ist es für jeden schwer gegen uns."