[neuropsychologie] Re: Bitte, bitte Literaturhinweise Fall_Frage_Demenz

  • From: "Christian Balzer" <dmarc-noreply@xxxxxxxxxxxxx> ("chbalzer")
  • To: "neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx" <neuropsychologie@xxxxxxxxxxxxx>
  • Date: Tue, 19 Sep 2023 10:01:34 +0000 (UTC)

 Liebe Kolleg:innenCave!Der unten empfohlene Experte ist in der Schweiz grad 
arg in der Kritik wegen des Themenkreises "Satanic Panic". Offenbar existieren 
ganze Netzwerke von "Fachpersonen", welche den krudesten 
Verschwörungserzählungen aufsitzen.Beste GrüsseChristian Balzer
    Am Montag, 18. September 2023 um 23:23:18 MESZ hat Irene W. 
<sirenewinkler@xxxxxxxxx> Folgendes geschrieben:  
 
 Hallo Zusammennoch ergänzend zur Differentialdiagnostik sehr hilfreich:   Jan 
Gysi: Diagnostik von Traumafolgestörungen  © 2021 Hogrefe Verlag, BernGute 
Nacht!
Am Mo., 18. Sept. 2023 um 21:54 Uhr schrieb Susanne Arp <arpneuro@xxxxxx>:

*** neuropsychologie.freelists.org *** Liebe Frau Winkler,

sollte nicht nur, sondern tut es auch:
hätten Sie ein - zwei Literaturtipps zum Thema für uns?
Das wäre großartig zum Teilen und Weiterlesen,
vielen Dank!

Kollegiale Grüße aus Hamburg,
Susanne Arp 

--
Diese Nachricht wurde von meinem Android Mobiltelefon mit GMX Mail gesendet.Am 
18.09.23, 21:11 schrieb "Irene W." <sirenewinkler@xxxxxxxxx>:
  Liebe Frau Meusel,  nochmal eine ganz andere Idee von meiner Seite bei einem 
NP-Gutachten für eine Unfallversicherung untersuchte ich mal eine 30 jährige 
Frau, die nach einem leichten SHT , schwerste kognitive Einschränkungen 
aufwies. Diese entpuppten sich als eine dissoziative neurologische Störung im 
Bereich der Kognition( nach ICD 11 nun sehr schön diagnostizierbar), die quasi 
durch das leichte SHT getriggert wurden. Übrigens sollten die Theorien zur 
strukturellen Dissoziation der Persönlichkeit (Van der Hart , Nijenhuis und 
Steele) meiner Ansicht nach auch Neuropsychologen interessieren, da sich da 
unsere beiden Fachgebiete direkt treffen....Aber nur eine Idee von vielen....   
mit lieben Grüssen   Irene Winkler    
   Am So., 17. Sept. 2023 um 22:46 Uhr schrieb Cornelia Meusel 
<cornelia.meusel@xxxxxx>: 
  
   
Hallo Herr Sahling, 
 
 
 
leider kann ich zu dieser "alten" Hirnschädigung von 1986 wenig sagen, da er 
damals noch nicht mit der aktuellen Lebensgefährtin zusammen war. Soweit ich 
ihn aber verstanden habe, habe er subjektiv keine anhaltenden Folgeschäden 
gehabt und sei auch wieder normal arbeiten gegangen. Ich habe unsere Radiologen 
gefragt, ob man davon möglicherweise noch was im cMRT sehen kann 
(Kontusionsnarben o.ä.), dies wurde aber verneint. Schließt aber natürlich 
nicht aus, dass da trotzdem eine relevante Vorschädigung besteht. Zumindest ein 
erhöhtes Risiko für eine dementielle Erkrankung bzw. ein früheres Auftreten 
einer solchen Erkrankung könnte durch diese alte Hirnverletzung bestehen. 
 
 
 
viele Grüße, 
 
 
 
C. Meusel
 
 
 
 
 

 
 Hallo Frau Meusel,  
   Könnten die Defizite aus einer Kombination einer Vorschädigung durch den 
Unfall und der zunehmenden Mikroangiopathie entstanden sein, die seine bisher 
erfolgreiche Kompensation ins Wanken bringt? Wie sieht’s mit Alkohol aus? Gab 
es kognitive, sprachliche, emotionale oder verhaltensmässige Veränderungen nach 
dem Schädel-Hirntrauma?   
   Freundliche Grüße, Jochen Sahling  
 
 
  Gesendet von Yahoo Mail für iPhone 
  
 
Am Sonntag, September 17, 2023, 14:33 schrieb Lange, Claudia <clange@xxxxxxx>:
 
     Hallo Frau Meusel,   
   Es gibt immer auch Angehörige, die eine Demenz nicht sehen wollen. Ich würde 
nochmal nachfragen, was der Patient wirklich im Alltag alleine und richtig 
macht. Vielleicht läuft er überall nur mit und der Rest der Familie macht 
Überweisungen bzw. Den Haushalt. Da hab ich wirklich schon alles erlebt und 
gerade junge Patienten haben teilweise eine hervorragende Fassade.   Die 
Demenzmarker klären es auch leider nicht eindeutig, da ca. 50% der Patienten 
mit DLB ein Alzheimer-Liquorprofil haben. Ich drücke Ihnen die Daumen!   
   Beste Grüße   Claudia Lange    
 
 Am 17.09.2023 um 14:15 schrieb Cornelia Meusel <cornelia.meusel@xxxxxx>: 
 
 
    
   
Hallo Frau Lange, 
 
 
 
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort! Das Irritierende an dem Fall ist für 
mich ja, dass dieser Patient so ganz und gar nicht wie ein Patient mit einem 
MMST von 16 wirkt und insbesondere auch die Angehörigen einen deutlichen 
kognitiven Abbau verneinen ("dement ist er nicht"). Eine präsensile DAT mit 
fronto-parietalem Beginn würde sicher aktuell das Störungsbild am besten 
erklären, mal schauen, was die Demenzmarker ergeben. Vergessen habe ich zu 
erwähnen, dass der Patient neurologisch (bis auf die kognitiven Defizite 
natürlich) komplett unauffällig ist. Insbesondere besteht auch keinerlei 
Bewegungsstörung. Ein PET-Scan ist wohl angedacht. 
 
 
 
viele Grüße, 
 
 
 
C. Meusel
 
 
 
 
 

 
   Hallo Frau Meusel,   
   bei einem MMST von 16 erlaubt die NPT kaum noch eine ätiologische Zuordnung. 
Bei im Vordergrund stehenden visuell-räumlichen Defiziten kommt eine DLB in 
Frage, bei zusätzlichen Sprachstörungen käme auch eine FTLD und hier 
insbesondere eine komplexere CBD-PSP-PPA-Variante in Betracht. Eine 
Alzheimer-Demenz mit FRÜHEM Beginn kann ebenfalls mit im Vordergrund stehenden 
fronto-parietalen Defiziten einhergehen. Eine weitere diagnostische Einordnung 
wäre mittels Datscan und FDG-PET möglich, zusätzlich sollte der Patient 
neurologisch auf Symptome einer Bewegungsstörung untersucht werden.   
   Viele Grüße   Claudia Lange   
 
 Am 17.09.2023 um 12:53 schrieb Cornelia Meusel <cornelia.meusel@xxxxxx>: 
 
 
  
   
 
 
Liebe Kollegen & Kolleginnen, 
 
 
 
ich "knabbere" gerade an einem Fall und würde diesen gern (mit Einverständnis 
des Patienten) hier im Forum vorstellen. 
 
 
 
Es handelt sich um einen Mann (60 Jahre alt, Abschluss der 10.Klasse, gelernter 
KFZ-Schlosser, zuletzt aber seit 30 Jahren als LKW-Fahrer tätig), der zur 
Abklärung einer unklaren Demenz zu zu uns überwiesen wurde. Herr X hat im Mai 
diesen Jahres einen Verkehrsunfall mit seinem LKW verursacht (ohne eigene 
Verletzungsfolgen) und wurde daraufhin von seinem Arbeitgeber zu einer 
Abklärung seiner Fahreignung zu einem verkehrsmedizinischen Gutachten 
geschickt. Dies erfolgte durch einen Neurologen, der in seinem Befund schreibt, 
dass die Durchführung des WTS nicht möglich gewesen sei, da Herr X stark 
verlangsamt reagiert habe. Vor dem Hintergrund eines cMRT, welches 
mikrovaskuläre Veränderungen zeigte, wurde dann eine "vaskuläre Demenz" 
diagnostiziert und die Fahrtauglichkeit verneint. Herr X ist seitdem krank 
geschrieben. 
 
 
 
In meinem Aufnahmegespräch fiel vor allem ein leicht verlangsamtes, etwas 
stockendes und sprachlich verarmtes Sprechen auf. Zudem auch leichte 
Wortfindungsstörungen. Seinen Krankenweg konnte er adäquat schildern, er war 
zur Person, Situation und Ort vollständig und sicher orientiert. Die zeitliche 
Orientierung machte ihm hingegen etwas Probleme, er konnte Wochentag und Monat 
korrekt benennen, nicht aber das aktuelle Datum und auch nicht das aktuelle 
Jahr. Er schien mit der Zahlenverarbeitung Schwierigkeiten zu haben, probierte 
verschiedene Jahreszahlen durch. Antrieb und Stimmungslage des Patienten 
wirkten unauffällig. Keine Verhaltensauffälligkeiten im Gespräch und der 
Testsituation. Herr X berichtete über subjektive Wortfindungsstörungen und gab 
auf Nachfrage auch Konzentrations-und Gedächtnisprobleme an. 
 
 
 
In der orientierenden Testung zeigten sich dann erhebliche Defizite in 
verschiedensten Bereichen, testpsychologisch schon als leichte bis mittelgradig 
ausgeprägte dementielle Symptomatik einzuordnen. Im einzelnen: 
 
 
 
- Verlangsamung im TMT-A (PR<2), TMT-B nicht durchführbar
 
- Abzeichnen geometrischer Figuren (z.B. Würfel) unmöglich, ganzheitliche 
Wahrnehmung erscheint schwer beeinträchtigt
 
- Uhrentest massiv auffällig (5 nach Shulman)
 
- MMST 16/30; SISCO 27/55
 
- Merkspanne für Zahlen, Zahlen rückwärts nachsprechen defizitär
 
- Lernen einer Wortliste (CERAD); Lernverlauf: 3,5,5; freier Abruf: 3, 
Wiedererkennen 7/10, 1 falsch Positives
 
- konfrontatives Benennen: leichte Wortfindungsstörung
 
- Lesen: leicht verlangsamt, aber möglich, Lesesinnverständnis vorhanden
 
- Schreiben: viele Fehler, z.T. apraktisch wirkend
 
- Rechnen: erschwert, fehlerhaft
 
- Luria- Probe auffällig
 
- BADS, Schlüsselsuche: auffällig
 
- sprachliches Abstraktionsvermögen (Sprichworte erklären, Unterschied 
Fluss/See) intakt
 
- AAT, Token Test 9 Fehlerpunkte, massive Schwierigkeiten im Teil 5
 
 
 
 
 
Fremdanamnestisch (Lebensgefährtin, Tochter, Sohn) wird über "Schweigsamkeit" 
(bei aber einem wohl prämorbid auch nicht so redefreudigem Mann) und zunehmende 
Wortfindungsstörungen berichtet. Sonstige alltagsrelevante Einbußen (z.B. 
auffallende Vergesslichkeit, Desorganisiertheit, Fehlhandlungen, 
Orientierungsprobleme u.ä) werden von der Familie verneint. Ebenso bestünde 
keine Wesensänderung und/oder Verhaltensauffälligkeiten. Im Stationsalltag 
ebenso keine Auffälligkeiten, Herr X verhält sich situationsangepasst, ist 
selbständig und findet sich auch problemlos räumlich zurecht. Im cMRT zeigen 
sich deutliche mikroangiopathische Läsionen, aber keine relevante 
Hirnvolumenminderung. In der Vorgeschichte hat Herr X 1986 eine schwere 
Kopfverletzung erlitten mit einer Schädelfraktur links temporal, im cMRT seien 
davon aber keine Folgeschäden sichtbar. Erste Liquorbefunde unauffällig, 
Demenzmarker stehen aus. 
 
 
 
 
 
Als erstes hatte ich (aufgrund des Eindrucks im Aufnahmegespräch) an eine PPA 
gedacht, doch dafür erscheint mir das Benennen nicht schwer genug gestört und 
ich hätte auch nicht diese massiven Defizite im Bereich 
visuell-perzeptiver/visuell-konstruktiver Leistungen erwartet. Für eine DAT 
finde ich die Gedächtnisstörung nicht ausgeprägt genug und auch nicht so im 
Vordergrund stehend und ich hätte mehr Atrophie im cMRT erwartet. Die 
subkortikale vaskuläre Schädigung erscheint mir alleinig nicht ausreichend, um 
den Befund zu erklären. Insgesamt stört mich außerdem die erhebliche Diskrepanz 
zwischen seinen Alltagsleistungen (eigene Beobachtung auf Station/ 
Fremdanamnese) und den doch erheblich gestörten Leistungen in der Testung. 
Hinweise auf eine psychische Erkrankung (Depression) oder nicht-authentisches 
Testverhalten habe ich nicht. 
 
 
 
Freue mich auf Ihre Ideen und Anregungen!
 
 
 
lG Cornelia Meusel 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
  
 
 

  
    

 
  
 

   
  
  
 --  
    Irene Winkler    
   Rosgartenstrasse 8   8280 Kreuzlingen   Schweiz    
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