Ein Jugendtrainer von Eintracht Frankfurt hat in der Vergangenheit mit einem
Login von RB Leipzig Informationen aus einer kommerziellen Fußball-Datenbank
abgerufen. Die Betreiber dieser Datenbank haben nun eine Klage eingereicht und
fordern Schadensersatz. Am Mittwoch bezogen Verantwortliche für die Eintracht
Stellung und erläuterten ihre "intensivste und schonungslose Aufklärungsarbeit".
Dieter Burkert, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des betroffenen e.V., und
Anwalt Christoph Schickhardt, der die Eintracht in diesem Fall als Berater für
die Öffentlichkeitsarbeit unterstützt, erläuterten den Fall aus Sicht des
Vereins. Im März dieses Jahres hatten Verantwortliche von RB Leipzig Philipp
Reschke, den Justitiar der ausgelagerten Profi-AG, kontaktiert, nachdem
Auswertungen der kommerziellen Fußballspieler-Datenbank International Soccer
Bank (ISB) ergeben hatten, dass von einem Dienstrechner der Eintracht aus über
ein Nutzerprofil von RB Daten abgerufen wurden. Insgesamt geht es um rund 6000
Zugriffe bei etwa 170 Logins.
Ein brisanter Vorwurf der Datenspionage steht seitdem im Raum. Schnell wurde
anhand der Computer-Auswertungen klar, dass es sich nicht um einen Zugriff
durch AG-Angestellte, sondern um einen Mitarbeiter des
Nachwuchsleistungszentrums handelt - den damaligen Trainer der U17, Frank L.
Bei einem Gespräch am 25. März gab der Mitarbeiter die Vorwürfe "weitgehend"
zu, wie Burkert sagt, der den Coach zusammen mit Präsident Peter Fischer zur
Rede stellte: "Der Trainer wurde umgehend suspendiert, sein Handy und sein
Laptop wurden eingezogen und einen Tag später ein Auflösungsvertrag
unterschrieben." Durch die forensische Rekonstruktion gelöschter Daten auf
seinem Laptop konnte in der Folge nachgewiesen werden, dass L. diesen Login
benutzt hatte.
In einer aufwändigen Untersuchung und in Einzelgesprächen stellte die Eintracht
in den seitdem vergangenen Monaten sicher, dass L. diesen Login als einziger
Mitarbeiter nutzte. "Unser IT-Leiter hat dabei keine weiteren Zugriffe aus dem
Haus auf die Datenbank erkannt", sagt Burkert. Während mit RB in einem
"Gentlemen's Agreement" vereinbart wurde, dass Frankfurt den Leipzigern
transparent und umfangreich Bericht erstatten wird, kommt auf den Verein mit
den Betreibern nun wohl ein juristisches Nachspiel zu, weil die Datenbank ohne
Zahlung genutzt wurde.
Die Klageforderung beläuft sich auf 43.303,76 Euro
Am 1. Juli erreichte die Eintracht die Klageschrift der ISB-Anwälte. Von den
auf dem ersten Blick eindrucksvollen 530 Seiten Klageschrift seien aber "nur
sechs Seiten der substanzielle Teil", wie Burkert sagt. Die restlichen Seiten
bestünden aus dem Verlauf der Zugriffe in der Datenbank, "die Zeilengröße wurde
aber vervierfacht, deswegen ist sie so dick". Die Klageforderung beläuft sich
auf 43.303,76 Euro, bestehend aus 16.993 Euro Jahres-Nutzungsgebühr über den
Zeitraum von 22 Monaten und der Geltungmachung von Arbeitsstunden zur
Aufklärung des Sachverhalts.
Für die Eintracht stellt sich nun die Frage, inwiefern der e.V. juristisch für
das Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters verantwortlich ist. Denn im
Gegensatz zu den Vermutungen der ISB ist sich die Eintracht aufgrund der
umfangreichen internen Untersuchungen sicher, dass alleine L. Zugriff auf die
Datenbank hatte und diesen nutzte - wohl aus der intrinsischen Motivation, sich
selbst als Fachmann und Scout zu profilieren. "Gibt es im Verein einen
Systemfehler, dass er es machen muss? Da gibt es keinen Anknüpfungspunkt",
befindet Schickhardt. "Es wird der Eindruck erweckt, es wäre eine ganze Schar
über die Datenbank hergefallen, das stimmt aber nicht", betont Burkert: "Aus
der Anzahl der Zugriffe zu schließen, dass es mehrere Leute waren, ist schlicht
falsch." Sollte der Verein also Zahlungen an die ISB leisten müssen, ist es gut
möglich, dass er versucht, L. dafür in Haftung zu nehmen, die Kosten also
weiterzugeben.
Burkert: "Es gibt keinen Zusammenhang mit einer Verpflichtung"
Sportlich habe der Zugriff des Mitarbeiters ohnehin keine Bedeutung gehabt,
sagt Burkert: "Es gibt keinen Zusammenhang mit einer Verpflichtung." Zwar habe
L. beispielsweise ein Spiel des Profi-Neuzugangs Rodrigo Zalazar aufgerufen,
sich aber nur 18 Sekunden davon angeschaut. Selbst auf Verpflichtungen für
seine U17 habe L. "keinen Einfluss" gehabt.