Die Bosse der Fußball-Proficlubs haben Redebedarf. Beim Treffen der Deutschen
Fußball Liga (DFL) am Mittwoch geht es vor allem um die 50+1-Regel.
Eintracht-Vorstand Axel Hellmann befürchtet schon jetzt "eine Zerreißprobe".
Das Konfliktpotenzial ist dermaßen groß, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL)
ein Schweigegelübde für die beste Idee hält. Wenn die Bosse der 36 Proficlubs
am Mittwochmittag das heiße Eisen 50+1 anpacken, soll sich niemand die Finger
verbrennen - deshalb wird nach den Plänen des Ligaverbands im Anschluss an die
Versammlung kein Verantwortlicher vor die Öffentlichkeit treten.
Dass lediglich schriftlich über die neu entfachte Debatte rund um die
Investorenregel informiert werden soll, lässt keine Zweifel am Zündstoff des
heiklen Themas. "Ich rate allen Seiten zur Beweglichkeit", mahnte zuletzt
Vorstandssprecher Axel Hellmann von Eintracht Frankfurt in der Sport Bild:
"Bekommen wir keine einvernehmliche Lösung hin, steht die Liga vor einer
Zerreißprobe."
Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim im Fokus
Dessen ist sich auch der scheidende DFL-Boss Christian Seifert trotz seines
bevorstehenden Abgangs bewusst. Deshalb hat der Präsidiumssprecher zuletzt
Gespräche mit den Chefetagen von Bayer Leverkusen, dem VfL Wolfsburg und der
TSG Hoffenheim geführt, um die Sache zu entschärfen. Dass es vor allem um die
drei Klubs geht, hat die DFL dem Bundeskartellamt zu verdanken.
Die Behörde war zuletzt zu dem Schluss gekommen, dass das Prinzip der
50+1-Regel kartellrechtlich grundsätzlich unbedenklich ist. Zweifel äußerte das
Amt aber an den Ausnahmen für die drei Vereine. Das Trio wiederum will seine
Sonderrechte behalten, eine Klage gegen 50+1 als letzter Ausweg steht nach wie
vor im Raum - was bei einem Erfolg vor Gericht zum kompletten Wegfall der
Regel, massiven Verwerfungen bei den Vereinen und einem Fan-Aufstand führen
würde.
Traditionsclubs mit Vermittlerrolle
Zu der Klage wird es mit Sicherheit kommen, wenn eine Zweidrittel-Mehrheit der
Clubs die Ausnahmeklausel komplett abschafft und den drei Vereinen als Folge
die Lizenzverweigerung droht. Tatsächlich sollen nach Informationen des kicker
einige kleine Clubs diesen Antrag ursprünglich geplant haben. Daraufhin hätten
sich aber mehrere Traditionsvereine zusammengetan, um mit Vermittlungsversuchen
die explosive Lage zu entschärfen.
Offenbar vorerst mit Erfolg. "Ich würde mir eine einvernehmliche Lösung
wünschen, die auf der einen Seite die Ausnahme beseitigt, aber auf der anderen
Seite die Teilnahme der drei Klubs an der Bundesliga weiter möglich macht",
sagte Hellmann: "Ein Modell wäre, dass ihnen durch eine mehrjährige
Übergangszeit die Möglichkeit gegeben wird, ihre Rechtsform 50+1-konform
anzupassen."
Aus einer Stellungnahme des 1. FC Köln vom Montag lässt sich dagegen eher eine
Konfrontation zu den drei Klubs herauslesen. "Die Abschaffung der 50+1-Regel
ist keine Option", ließen die Rheinländer wissen. Zudem sollten die
"Umgehungstatbestände der 50+1-Regel angegangen werden".
Übergangszeit für 50+1?
50+1 soll den Einfluss von Investoren begrenzen und den vereinsgeprägten
Charakter erhalten. Demnach muss die Mehrheit der Stimmrechte stets beim Club
liegen. Da sich RB Leipzig dabei offenbar in einer Grauzone bewegt, soll am
Mittwoch auch über die Sachsen gesprochen werden. Zuletzt stand 50+1 nach
langwierigen Debatten vor über drei Jahren im Mittelpunkt. Im März 2018
stimmten 18 Clubs in einer viel beachteten Grundsatzentscheidung für den Erhalt
der Regel, vier Vereine waren dagegen, der Rest enthielt sich.
Schon damals war nach dem differenzierten Votum klar, dass die Streitfrage
nicht endgültig vom Tisch sein wird. Neben der 50+1-Thematik müssen sich die
Klubs mit dem neuen Corona-Hygienekonzept für die kommende Saison beschäftigen.
Zudem muss die Frage geklärt werden, ob weiterhin fünf Auswechslungen pro
Partie erlaubt sein sollen. Die Regelhüter des International Football
Association Board (IFAB) hatten der Ausweitung des Wechselkontingents
grundsätzlich bis Ende 2022 grünes Licht gegeben, den nationalen Ligen die
Entscheidung aber freigestellt. Es gibt also Gesprächsbedarf.
Quelle: hessenschau.de, SID