[sge-liste] PRESSE:FR:Eintracht sucht Rezept gegen Einfallslosigkeit

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  • Date: Tue, 19 May 2020 16:07:57 +0200

OFFENSIVE

Eintracht sucht Rezept gegen Einfallslosigkeit
Daniel SchmittvonDaniel Schmitt
Seit Saisonbeginn werkelt Adi Hütter an einer effektiven Offensivlösungen
für die Eintracht, doch noch immer hat sie der Frankfurter Fußballlehrer
nicht gefunden.

Als am 1. September des vergangenen Jahres die beiden letzten Transfers bei
Eintracht Frankfurt eingetütet waren, der Tauschhandel der Stürmer Ante
Rebic und André Silva, stellte sich die Frage, ob das denn wirklich reichen
würde in der Abteilung Attacke beim hessischen Bundesligisten. Na klar, das
gefürchtete Angriffstrio Sebastien Haller, Luka Jovic und Rebic würde man
sowieso nicht vollwertig ersetzen können, das war den allermeisten Menschen
im Umfeld und inneren Zirkel des Klubs längst bewusst. Aber zumindest
einigermaßen gewappnet für die Aufgaben fühlte man sich schon. Der
bewegliche und technisch starke Silva an der Seite des erfahrenen Brechers
Bas Dost, dazu Ersatzmann Goncalo Paciencia. Es brauchte nur wenig
wohlwollende Fantasie, um sich folgende Kombination auszumalen: Ein auf Dost
einfliegender Ball, der vom Zielspieler rasch an Knipserkollege Silva
weitergeleitet wird. In der Theorie jedenfalls.

In der Praxis kickten die beiden Neuerwerbungen bisher lediglich 372
Pflichtspielminuten zusammen, nur zweimal bot sie Trainer Adi Hütter
gemeinsam von Beginn an auf – daheim in der Europa League gegen den FC
Arsenal (0:3) und auswärts in der Liga bei Union Berlin, wo ihnen prompt
jeweils ein Treffer zum 2:1-Sieg gelang. Ansonsten aber meldeten sich die
Torjäger entweder im Wechsel verletzt ab, oder Hütter vertraute der
Kombination nicht.

Silva gehört auf den Rasen
Zurzeit, da die Eintracht-Offensive zum wiederholten Male in dieser Saison
erlahmt ist, ihr in den vergangenen vier Ligapartien lediglich zwei
Trefferchen gelangen, spricht einiges dafür, es mit Dost und Silva gemeinsam
zu versuchen. Doch warum zögert Hütter? Zum einen wohl deshalb, weil
Ersatzstürmer Paciencia wegen einer Muskelverletzung in den kommenden Wochen
fehlen wird und Ersatz-Ersatz-Stürmer Dejan Joveljic im Winter ausgeliehen
wurde, Hütter damit also nur zwei echte Angreifer zur Verfügung hat. Diese
möchte er ungern beide vom Start weg in ein Spiel schicken. Zum anderen,
weil er offenbar die ganze Saison mit sich hadert, ob die Doppelvariante
überhaupt gewinnbringend ist.

Ein Blick in die Statistik: In der Liga bot der Coach von Beginn an bisher
13 Mal eine zentrale Spitze auf sowie 15 Mal deren zwei. Erweitert um den
DFB-Pokal und die Europa-League-Hauptrunde ergeben sich weiterhin recht
ausgeglichene Werte von 20 Spielen (eine Spitze) zu 18 (zwei Spitzen). Diese
Zahlen lassen sich – positiv bewertet – sicher als taktische Variabilität
interpretieren, im Gegenzug – negativ bewertet – aber auch als dauerhaft
suchend. Trainer Hütter hat es in einem knappen Dreivierteljahr jedenfalls
nicht geschafft, seiner Mannschaft eine Offensivlösung einzuverleiben. Der
(Miss-)Erfolg beider Varianten unterscheidet sich dabei nur marginal. 1,45
Punkte pro Partie holte die Eintracht mit nur einem Mittelstürmer, 1,33 mit
zweien.

Seit Januar, seit dem im USA-Trainingslager eingeübten Taktikwechsel –
Stichwort Viererabwehrkette – verzichtet Hütter vollends auf seine
Zweifachattacke. Das muss einerseits nicht falsch sein, wie die angeführten
Statistiken und die Anfang des Jahres geholten Siege belegen. Andererseits
aber auch nicht richtig, wie die zurückliegenden Spiele deutlich aufzeigten.
Die Eintracht verlor nicht nur ihre defensive Stabilität, die sie anfangs
der Rückserie noch hatte, sie präsentierte zuletzt offensiv eine auffallende
Einfallslosigkeit. „Ich habe in der Offensive bis auf den letzten Pass gute
Aktionen gesehen“, widersprach Hütter nach der Post-Corona-Auftaktniederlage
gegen Mönchengladbach dieser Kritik zwar. Welche diese gewesen sein sollen,
erschloss sich aber nicht allen Beobachtern.

In der ersten Hälfte flogen fast ausschließlich weite Bälle aus der eigenen
Hälfte oder Flanken aus dem Halbfeld in Richtung von Dost, die der
angreifende Alleinunterhalter gegen die Überzahl an Gladbacher Verteidigern
kaum verteidigen konnte. Erst als Hütter seine Fehlbesetzung des Angriffs
korrigierte und sich Silva in Hälfte zwei an die Seite des Niederländers
gesellen durfte, wurden die Frankfurter vorne präsenter.

Überhaupt: André Silva, immerhin portugiesischer Nationalspieler, gehört
derzeit zwingend auf den Rasen, ob nun als Soloangreifer oder Part einer
Doppelspitze. Der 24-Jährige erlebte zwar zweifelsohne eine mäßige, von
Verletzungen und Formlosigkeit geprägte Hinrunde, nachdem er im Februar aber
wieder seine Chancen erhielt, wusste er sie zu nutzen. Sechs Tore und drei
Vorlagen bei elf Einsätzen in diesem Jahr sprechen für sich. Silva war gegen
Gladbach nicht nur wegen seines Tores einer der wenigen Profis, die an ihre
Optimalform herankamen. Hütter wird also nicht ernsthaft umhin kommen, den
Techniker am Samstag (18.30 Uhr) beim FC Bayern im Sturmzentrum aufzubieten.
Bleibt die Frage: An der Seite von Bas Dost oder alleine?

Im Hinspiel jedenfalls wagte Adi Hütter eine Doppelspitze gegen die
Münchner. Bekanntlich gewann die Eintracht mit 5:1. Aber das nur nebenbei.


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