[sge-liste] FR: Philip Holzer: "Selbst Bayern hat Probleme"

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  • Date: Mon, 2 Aug 2021 20:17:44 +0000

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Eintracht Frankfurts Philip Holzer: „Selbst Bayern hat Probleme“
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Philip Holzer, Aufsichtratsvorsitzender von Eintracht Frankfurt, über
finanzielle Zwänge, den Transfermarkt, vermeintliche Führungsschwäche und
sein Talent für dreidimensionale Schachspiele.

Herr Holzer, vor einem Jahr haben Sie den Posten aus
Aufsichtsratsvorsitzender bei Eintracht Frankfurt übernommen. Seitdem ist
viel passiert, Sie mussten den Abgang eines Sportvorstandes abwickeln,
dessen Nachfolger finden. Der Trainer hörte ebenfalls auf, ein neuer wurde
verpflichtet, dazu Corona. Das erleben andere in zehn Jahren nicht.

Ja, das ist wahr. Es war ein Jahr mit viel Inhalt, ein Stahlbad, durch das
man gehen musste. Natürlich, im letzten Saisonabschnitt haben wir etwas
unter unserem Niveau gespielt, aber alles in allem ist der Plan aufgegangen:
Wir spielen in dieser Saison international – das ist ein wichtiger und
großer Erfolg. Ich hoffe aber, dass wir uns alle im Klub in den nächsten
Jahren wieder stärker strategischen Themen widmen können. Es war auch
coronabedingt ein sehr intensives Jahr.

Mal direkt gefragt: Wie ist es, einen Abgang von einem harten Hund wie Fredi
Bobic abzuwickeln?

Oh ja, der Fredi ist schon ein guter Verhandler (lacht).

Eintracht Frankfurt: Holzer spricht über Verhandlungen mit Bobic
Ein Beispiel vielleicht? Wie läuft solch eine Verhandlung ab?

Man tauscht Argumente aus, geht auseinander, dann trifft man sich wieder. Es
ist ein bisschen wie ein dreidimensionales Schachspiel. Man konnte eindeutig
sehen, warum er viele gute Verhandlungsergebnisse erzielt hat. Aber meine
Vergangenheit hat mir da sicher auch geholfen in den Gesprächen, die – das
will ich betonen – immer respektvoll waren. Es war intensiv, ist aber nie
laut geworden.

War es eine Option, sich bereits während der Saison von Bobic zu trennen?

Nein, wir mussten schließlich auch seine Leistungen im Zusammenhang seiner
fünfjährigen Tätigkeit für unsere Eintracht bewerten, zudem wollte er sich
ja auch mit dem großen Erfolg des Champions-League-Einzugs verabschieden.
Hätte Fredi nur ein Jahr für uns gearbeitet, wäre im Frühjahr die
Beurteilung wohl anders ausgefallen. Aber: Wir kommen von 2016, vom
Relegationsspiel in Nürnberg. Das muss man immer im Hinterkopf behalten. Von
60 Monaten der Zusammenarbeit mit Fredi Bobic waren 57 hervorragend.

Wo steht die Eintracht jetzt?

Wir haben uns einen hohen Stellenwert in der Fußballszene gesichert und
zuletzt erfolgreich etabliert. Gerade unsere Auftritt in Europa haben mir
die Gespräche mit Kandidaten für den Sportvorstandsposten dramatisch
erleichtert. Was wir da geleistet haben als gesamter Verein, alle
Verantwortlichen, die Spieler und Trainer, natürlich auch unsere Fans, das
hat uns enorm nach vorne gebracht. Im Frühjahr hatten wir dann einen klaren
Plan, haben mit einer kleinen Gruppe von Topkandidaten gesprochen, einer von
ihnen ist es geworden.

Zwischenzeitlich kam aber auch Kritik an Ihnen auf, dass der Bobic-Abschied
und die Suche nach seinem Nachfolger zu lange dauere. Hat Sie das getroffen?

Das darf einen nicht persönlich treffen, da muss man drüber stehen. Klar,
manchmal beißt man sich auf die Lippen und würde gerne ein paar Wahrheiten
nennen. Aber ich habe versucht, diese Dinge auszublenden. Wie gesagt: Es ist
eine Art Schachspiel.

Aber der Eintracht, also auch Ihnen als Aufsichtratschef, wurde
Führungslosigkeit vorgeworfen...

Die Zeit war nicht vergnügungssteuerpflichtig.

Wie behält man seine Linie bei?

Man darf nie weglaufen, wenn eine Aufgabe schwierig wird. Übernimmt man
solch ein Amt, dann will man für den Klub das Beste herausholen und muss
auch Turbulenzen meistern. Ich denke aber, dass wir jetzt wieder in einem
ruhigen Fahrwasser sind. Die Gremien haben gut zusammengearbeitet und waren
nie nervös. Wir haben in der Krise eine große Geschlossenheit bewiesen.

Wurden im Frühjahr Fehler gemacht?

Ich sage es mal so: Aus jeder Situation lässt sich lernen. Wir waren aber
alle der Meinung, dass wir die Saison mit dem Team, dem Trainer und dem
Sportvorstand durchziehen wollen. Zum Beispiel hat der Trainer immer den
Eindruck hinterlassen, total engagiert und ehrgeizig zu sein. Außerdem, so
ehrlich muss man sein: Wir hatten ja auch niemand, den wir hätten
nachschieben können, einen Edin Terzic hatten wir nicht in unseren Reihen.
Die beiden Co-Trainer waren ja auch sehr nahe an Adi Hütter dran.

in Themawechsel: Infolge der Pandemie weist die Eintracht ein Verlust von 45
Millionen Euro aus. Wie viel Corona kann sich der Klub noch leisten?

Ganz ehrlich, das wird auch von vielen Beobachtern, Mitgliedern und Fans oft
unterschätzt. 45 Millionen Miese – wenn uns das vor vier oder fünf Jahren
passiert wäre, hätte es vorbei sein können für den Verein! Die
Corona-Problematik und die daraus resultierenden Finanzprobleme haben uns in
einer Phase getroffen, in der wir viele Wachstumsprojekte angestoßen hatten.
Wir hatten also gut gearbeitet in der jüngsten Vergangenheit. Doch beim
Blick nach vorne ist unstrittig: Wir brauchen wieder die Zuschauer im
Stadion und möglichst bald eine Komplettauslastung.

Können Sie bitte ein Rechenbeispiel geben?

Selbstverständlich. Auch bei einer Auslastung des Stadions von 60 Prozent
machen wir, über die Saison gesehen, noch einen Verlust. Wir müssten da
schon in Richtung 80, 85 Prozent liegen, damit es für uns profitabel wird.
Auch Borussia Dortmund macht einen Verlust, wenn sie nur 60 Prozent
Auslastung ihres Stadions haben, aber der BVB kann Kreditlinien von 150
Millionen aufnehmen. Das können wir nicht. Die Banken geben Kredite in Form
von Sicherheiten. Das größte Kapital, was ein Verein hat, läuft jedoch unten
auf dem Rasen herum. Aber was glauben Sie, was passiert, wenn wir zu einer
Bank gehen und sagen, wir hätten gerne eine Kreditlinie auf drei unserer
Topspieler?

Was denn?

Ja, da lachen die uns aus. So funktioniert das Geschäft mit Banken nun mal
nicht.

Was denken Sie, wenn Fans oder Medien meckern: Der Silva ist weg und immer
noch kein Mittelstürmer da. Was ist da los?

Wieso? Unser Neuzugang Rafael Borré ist doch ein Mittelstürmer.

Ja, okay, aber ein klassischer Stoßstürmer fehlt derzeit noch…

Ich weiß, auf was Sie hinaus wollen. Und ich muss da schon schmunzeln. Man
muss, um das zu verstehen, sich nur mal den Transfermarkt in diesem Sommer
ansehen. Da sieht man klar, dass Corona die Traditionsvereine sehr viel
härter getroffen hat. Wer steht mit den Ausgaben ganz vorne? RB Leipzig, die
aber auch Geld eingenommen haben. Und dann direkt Paris Saint-Germain. Die
kaufen sich alles zusammen. Das ist eine Entwicklung, die mir gar nicht
gefällt. PSG ist nach meiner Einschätzung der Verein, bei dem sich viele am
wenigsten wünschen würden, wenn er Champions-League-Sieger wird. Auch
Chelsea investiert stark, genauso wie Liverpool. Aber selbst Bayern hat
Probleme, die können erst Spieler kaufen, wenn sie Spieler abgeben. Inter
Mailand muss 100 Millionen Transfererlöse erzielen. Das Geschäft ist sehr
viel komplexer geworden, da geht es, nur als Beispiel, auch um
Zahlungsziele. Also unter anderem auch um die Frage: Wann wird die Zahlung
der Ablösesumme fällig? Vielleicht gestückelt erst in fünf Jahren. Alles
sehr schwierig. Einen Transfermarkt wie in diesem Jahr habe ich noch nie
erlebt, es gibt im Grunde nur Verkäufer.

Wie viel Spielraum ist bei der Eintracht vorhanden?

Nicht viel. Das größte Problem ist, dass wir keine Planbarkeit bei den
Zuschauern haben. Noch mal: Wenn wir bei einer Vollauslastung des Stadions
mit 40 Millionen Euro bei 17 Heimspielen kalkulieren können, dann kann sich
doch jeder ausrechnen, wie viel das bei 60 Prozent ist oder sogar bei
Geisterspielen. Das geht nicht nur uns so, das geht allen Traditionsklubs
so. Da heißt es überall nur: Wir müssen den Kader verkleinern. Aber es ist
gar kein Markt da.

Eintracht Frankfurt: Holzer über Zuschauer in der neuen Saison
Vieles steht und fällt also mit der Zulassung von Zuschauerinnen und
Zuschauern?

Genau. Wir brauchen Zuschauer. Es wäre eine Tragödie, wenn wir uns, wie
jetzt, in die Europa League gekämpft haben, und wir müssten vor 10 000 Fans
spielen. Finanziell und sportlich kann ich nur hoffen, dass unser Stadion so
schnell wie möglich wieder bis auf den letzten Platz besetzt ist. Das
frenetische Frankfurter Publikum ist ja genau das, was wir auch für
sportliche Erfolgserlebnisse brauchen. Wir brauchen diese magischen Nächte,
die haben Lazio Rom weggeblasen und Benfica Lissabon und noch andere. Das
hat uns durch Europa getragen und uns diesen Ruf gebracht, den wir jetzt
haben und der uns strategisch nach vorne gebracht hat. Diese Auftritte haben
uns als Verein internationale und national in jeder Beziehung brutal nach
vorne katapultiert. Und ich sage Ihnen, was noch dazukommt, was nur die
wenigsten überhaupt auf dem Schirm haben...

...da sind wir ja mal gespannt.

Das Scheitern der Super League.

Wie meinen Sie das?

Da haben einige Gründungsmitglieder so gewirtschaftet, als würde die Super
League sicher kommen. Sie haben sich gedacht, da kriegen wir ja 350
Millionen Euro. Die haben sie eingebucht. Und jetzt ist sie nicht da, die
Super League. Gott sei Dank. Das hat mich sehr gefreut, die Dynamik, wie die
Liga zum Scheitern kam. Das sind Good News für die Traditionsklubs. Da hat
man gesehen, dass der Fußball die Menschen bewegen muss. Diese
Super-League-Klubs haben nie im Leben mit dieser Vehemenz des Protests
gerechnet und dass das Ganze so schnell zusammenfällt. Aber was heißt das?
In Spanien will jeder verkaufen, in Italien auch. Frankreich hat ebenfalls
Probleme. Es gibt nicht so viele Vereine, die groß investiert haben. Alle
warten auf den Domino-Effekt: Die Großen holen einen Topspieler für sehr
viel Geld, dann kommt von ganz oben Geld ins System, das weiter
transportiert wird.

Aber der ganz große Dominostein ist noch nicht gefallen?

Bisher nicht, nein. Und selbst die Topspieler werden bisher bis zu 30
Prozent unter Marktwert transferiert. Das ist der Corona-Impact, den man
einpreisen muss.

Aber die Eintracht hat doch, auch durch Spielerverkäufe, viel Geld
eingenommen in den vergangenen Jahren.

Wissen Sie, wie komplex das Geschäft da ist, welche Abflüsse es gibt bei
diesen Transfers, und wie viele Halbwahrheiten in der Öffentlichkeit
kursieren? Wenn ich höre, Sebastien Haller sei damals für 50 Millionen Euro
zu West Ham United transferiert worden – da hätten die aber dreimal Meister
in der Premier League werden müssen. Es bleibt bei diesen Geschäften viel
weniger hängen bei einem Verein, der einen Spieler abgibt, als die
Öffentlichkeit annimmt. Zu der Summe des Top-Umsatzes, der in den Medien
immer als Headline dasteht, kommen eine Menge Abzüge. Nochmals: Das, was bei
uns hängen bleibt, ist sehr, sehr viel weniger.

Was erwarten Sie für die Eintracht unter diesen schwierigen Umständen für
die Saison?

Bei Kaderwert und Sportetat liegen wir etwa zwischen Rang sieben und acht,
und ich bin der festen Überzeugung, dass es eine Korrelation zwischen
Kaderwert und sportlichem Abschneiden gibt.

Dann hat das Team die Erwartungen zuletzt klar übertroffen.

Absolut, wir haben outperformed. Deshalb streiche ich ja bis heute die sehr
gute Arbeit von Fredi Bobic heraus.

Sie sprachen die Bedeutung der Fans an, haben Sie einen konkreten Vorschlag
an die Politik?

Zunächst ist das Festhalten an der Inzidenz ein Faktor, der nichts mehr mit
der Realität zu tun hat. Für mich war immer klar: Wir müssen unser
Gesundheitssystem vor dem Kollaps bewahren. Dazu brauchen wir verlässliche
Zahlen, wie viele Menschen tatsächlich auf der Intensivstation behandelt
werden müssen. Momentan ist alles ruhig, der Normalbetrieb läuft,
Operationen werden planmäßig durchgeführt. Und ganz wichtig ist auch: Die
Impfungen scheinen geeignet, die schweren Verläufe in Zukunft zu verhindern.
Ich finde darüber hinaus: Wir müssen mehr machen, müssen mehr Menschen zum
Impfen bewegen. Die Gesundheit der Menschen geht immer vor – aber wenn nur
geimpfte, genesene oder getestete im Stadion sind, sollten
Großveranstaltungen wieder möglich sein.

Warum, glauben Sie, stockt die Impfkampagne?

Da geistern viele Verschwörungstheorien umher. Es gibt auch einige, die
glauben, sich durch eine Verweigerungshaltung gegen ‚das System‘ auflehnen
zu können. Wir müssen alle kreativ überlegen, wie wir die Impfzahlen nach
oben hieven können. Es ist doch eine Tragödie, wie viel von dem Impfstoff
weggeworfen wird.

Zurück zum Sportlichen: Vor Jahren hatten Sie den FC Arsenal als leuchtendes
Beispiel für Eintracht Frankfurt genannt. Bleiben Sie dabei oder gibt es
jetzt einen anderen Leuchtturmklub?

Ja. Atalanta Bergamo. Sie haben überragende Arbeit geleistet. Sie haben etwa
den Sportetat wie wir, haben in den letzten fünf Jahren nur
Transferüberschüsse generiert, holen sich unter anderem Spieler, die
anderswo nicht funktionieren, machen sie besser, verkaufen sie mit Gewinn
und lassen sich generell von der Konkurrenz oder vom Umfeld nicht unter
Druck setzen. Stellen Sie sich das mal vor: Die Mailänder Vereine rümpfen
die Nase, aber Bergamo geht seinen Weg. Beeindruckend.

Nehmen Sie eigentlich in irgendeiner Form Einfluss auf das sportliche
Tagesgeschäft?

Ich finde, man muss hohes Vertrauen in den Sportvorstand setzen. In den elf
Jahren, in denen ich im Aufsichtsrat der Eintracht Fußball AG sitze, habe
ich eines gelernt: Je mehr du denkst, du verstehst etwas von diesem
Geschäft, desto mehr wirst du eines Besseren belehrt. Wenn also jemand
tagtäglich mit der Mannschaft arbeitet, wie das ein Trainer oder auch der
Sportvorstand tut, hat er einen derartigen Wissensvorsprung, dass man das
mit ein bisschen Draufschauen aus einer gewissen Distanz niemals
kompensieren kann. Für mich ist entscheidend: Hat der Trainer noch die
Mannschaft? Und grundsätzlich gilt: Ich erhoffe mir weiterhin Kontinuität
für meine nächsten vier Amtsjahre. Wir hatten zuletzt nur zwei Trainer in
fünf Jahren, das ist ein guter Schnitt und ich würde gerne so weitermachen.
Ich hätte also nichts dagegen, wenn Sportvorstand und Trainer, die beide
langfristig bei uns unterschrieben haben, ihre Verträge erfüllen.

Sie reden also ihren Kollegen im Vorstand nicht rein, selbst bei krachenden
Niederlagen?

Ich finde, wenn man in der Öffentlichkeit steht, muss man sich
zusammenreißen und bei allen Emotionen besonders Ruhe ausstrahlen, sollte
immer erst intensiv nachdenken und Fakten sortieren. Der Vorstand ist
operativ für das Geschäft zuständig, ich mische mich da nicht ein. Ich
stelle höchstens ein paar Fragen, wir diskutieren, aber der deutsche Titel
meines Jobs ist einfach gut gewählt: Aufsicht und Rat. Trotzdem muss man
genau wissen, was passiert, muss viel Detailkenntnis haben, sonst kann man
keinen guten Rat geben.

Was halten Sie nach den ersten Wochen von Ihrem neuem Coach, Oliver Glasner?

Nach allem, was ich bisher höre, hinterlässt er einen sehr guten Eindruck.
Sehr strukturiert, sehr kommunikativ, er kann Spieler besser machen.

Wo sehen Sie die Eintracht in ein paar Jahren?

Ich wäre zufrieden, wenn wir uns unter den Top acht etablieren als einer von
vier Traditionsklubs mit Bayern, Dortmund, Gladbach. Die anderen vier, fünf
sind anders zu bewerten, also Leipzig, Leverkusen, Wolfsburg, zudem
Hoffenheim oder Hertha BSC. Und man weiß nicht, was die anderen womöglich
mit Kapitalaufnahmen auf die Beine stellen: Beim FC Augsburg zu Beispiel, wo
jetzt David Blitzer eingestiegen ist, einer der Besitzer von Crystal Palace.
Und es läuft ja auch nicht immer so, wie etwa zuletzt bei der Hertha, die
mit den ersten 300 Millionen ihres Sponsors Windhorst nicht gerade Bäume
ausgerissen hat. Womöglich gibt es andere, die mit 300 Millionen ganz andere
Dinge anstellen.

Steuern Sie mit Ihrem Modell, sagen wir: Jugend forscht, also mit ganz
jungen Spielern wie Fabio Blanco, dagegen an?

Wir müssen es wieder schaffen, aus dem Nachwuchsleistungszentrum verstärkt
Spieler in den Kader der Profimannschaft zu bringen. Aber diese Jungs muss
man behutsam aufbauen. Andererseits beginnt Mitte September für uns die
Europa League, da haben wir kaum geregeltes Training. Da müssen wir genau
schauen, wie wir mit den jungen Spielern umgehen, wie wir sie einsetzen und
fördern. Es ist ja nicht alltäglich, dass solch ein Spieler wie Blanco nach
Frankfurt kommt. Da bin ich schon stolz darauf. Und wir haben die
Verpflichtung, ihn und andere auch gut weiterzuentwickeln. Denn es muss
unser Modell sein, für viele unbekannte, von unseren Scouts entdeckte
Talente zu holen, sie gut auszubilden und dann möglicherweise zu verkaufen.
Transfererlöse sind und bleiben ein wesentlicher Teil unserer
Einnahme-Säule.

Gäbe es einen Zauberstab für die Eintracht, was würde er bewirken?

Da wäre mein Fokus auf dem Leistungszentrum. Dass wir endlich ein paar
Nachwuchskräfte nach oben bringen. Das wäre auch aus Sicht der Bindung an
die Rhein-Main-Region wichtig. Zumal es unstrittig ist, dass wir im Fußball
eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielen, die auseinanderdriftet. Es
gibt nur ganz wenige Themen, die uns noch gemeinsam an einen Tisch bringen
wie der Fußball. Da haben wir bei der Eintracht schon einen guten Job
gemacht. Da bin ich stolz drauf. Ich bin auch stolz auf unsere politische
Haltung, mit der ich mich total identifizieren kann. Wir sind ein
Multikulti-Klub in einer Multikulti-Stadt. Wir sind ein Tor zur Welt. Ich
muss auch sagen: Die Stadt Frankfurt und ihre attraktive Umgebung ist bei
den Spielern sehr beliebt. Und unser neues, gerade fertiggestellte Proficamp
direkt neben dem Stadion, das uns weitere 40 Millionen Euro gekostet hat,
wird uns einen weiteren Schub geben, das allen Spielern hervorragende
Bedingung bietet und unsere Eintracht verstärkt zu einer guten Adresse in
der Welt des Fußballs macht.

Interview: Ingo Durstewitz, Thomas Kilchenstein, Daniel Schmitt, Jörg Hanau
und Thomas Kaspar.




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