Von Jan Christian Müller
Teams wie Eintracht Frankfurt oder die TSG Hoffenheim bluten gerade sportlich
aus. Ein Kommentar.
Waren das noch Zeiten, als Fußballtrainer sich pünktlich vor dem Saisonstart
mit den zwei, drei, vier Neuverpflichtungen vor der Handvoll Fotografen in
Stellung brachten, ehe das Mannschaftsfoto - in zwei Reihen mit einem
16er-Kader - geschossen wurde. Mittlerweile gibt es mindestens Dreierreihen für
die 32er-Kader beim Fototermin, eine eigene Reihe für die Co-Trainer,
Assistenten der Co-Trainer, Physiotherapeuten, Mannschaftsärzte, Dolmetscher,
Psychologen, Ernährungsberater, Teambetreuer, Zeugwarte und Busfahrer.
Aber das nur nebenbei.
Die tatsächliche Revolution in den Kadern und Kadergrößen der Profimannschaften
findet gerade mal wieder auf dem Transfermarkt statt. Um den Irrsinn zumindest
ein wenig einzudämmen, der in den Sommermonaten zuverlässig den Treibstoff für
die Berichterstattung liefert, hat die Premier League im vergangenen Jahr den
Transferschluss von Ende August auf den Tag vor dem ersten Ligaspiel nach vorne
verlegt. Weitere Einkäufe sind in Englands Topklasse dann nicht mehr erlaubt.
Es ist ein Akt der Souveränität einer Liga, die weiß, dass ihr wirtschaftlich
niemand das Wasser reichen kann. 2019 beginnt die Premier League am 9. August.
Das bedeutet, dass sich den Kaderplanern der Bundesliga vom 8. August an ein
anderer, entspannterer Markt bietet. Sie können, wegen des Wochenendes sogar
bis zum 2. September, ohne den Konkurrenzdruck englischer Spitzenklubs
einkaufen gehen - und vor allem: Sie müssen nicht mehr fürchten, dass nach dem
8. August noch ein Premier-League-Klub daherkommt und ihnen dank seiner
Finanzkraft en passant einen wichtigen Spieler wegnimmt. Zudem ist es
Bundesligisten weiterhin gestattet, sich auf dem englischen Markt umzuschauen
und von dort einen unzufriedenen Ersatzmann zu entleihen oder gar zu erwerben.
Transfergeduld zahlt sich aus
Diese Situation führt dazu, dass Teams wie Eintracht Frankfurt oder die TSG
Hoffenheim gerade sportlich auszubluten scheinen, derweil sich ihr
Festgeldkonto auf dreistellige Millionenbeträge zubewegt. Wären ihre Manager
Alex Rosen und Fredi Bobic in ihrem Tun nicht kalt wie eine Hundeschnauze - man
könnte glatt denken, beide Klubs würden alsbald hinuntergereicht auf
zweistellige Tabellenränge. Dass die Manager geduldig bleiben, weil sie es
müssen, sorgt bei so manchem Trainer für Verdruss, der gute Miene zum
unübersichtlichen Spiel machen und mit einem unvollständigen Kader in die
Saison gehen muss. Aber besser mit einem unvollständigen als einem zu schwachen
Kader anfangen.
In der jüngsten Bundesliga-Managertagung haben sie sich deshalb darauf
geeinigt, es der Premier League nicht nachzutun und das Transferfenster also
nicht zum ersten Spieltag (in diesem Jahr der 16. August) zu schließen. Der
dadurch entstehende Zeitdruck würde die potenziellen Neuzugänge nur teurer
machen. Die Bundesliga ist im europäischen Vergleich nicht in der Lage, diesen
Schritt zu vollziehen. Sie würde sich damit nur ins eigene Fleisch schneiden.