[pkbern] Photosynthese-Effizienz im Mischkulturen

  • From: Ueli Scheuermeier <uelischeuermeier@xxxxxxxxx>
  • To: pkbern@xxxxxxxxxxxxx
  • Date: Wed, 6 Nov 2019 19:57:29 +0100

(neuer Betreff, abgeleitet vom Betreff zu Alleebäumen, siehe unten)
Ach so, da sind wir in der Mischkulturen-Theorie drin. Soweit ich mal
gelernt habe gibt es da:
a) Pflanzen, die darauf spezialisiert sind, im Wurzelbereich dafür zu
sorgen, die anderen chemisch weg zu drängen. Bei der Walnuss ist das
ausgesprochen bekannt. Bei der Akazie weiss ich nicht. Dänu Lis weiss das
vielleicht? Wenn das so ist wie bei Nussbäumen, dann haben nicht nur Himpi
einen schweren Stand. (Und: Was ist denn der Nutzen einer Akazie, ausser
fäulnisresistente Schwirre und Zaunpfosten? N2-Fixierung? Sowieso ein
Saucheib mit der Wurzelbrut wenn man Akazien eliminieren oder auch nur
schneiden will, ein Neophyt! Wie bekommt man wurzelbrütige Bäume wie
Akazie, Pappeln oder Schwarzdorn weg? Das ist ein anderes Thema!)

b) Die Lichtkonkurrenz, dh. was drunter wächst bekommt weniger Licht und
Wärme, und produziert so weniger Biomasse. ABER: Zur verringerten
Produktion pro m2 im Schatten darf man die Produktion der darüber liegenden
Schichten dazu rechnen. Zusammen ist das dann oft mehr produziert pro m2
als zusammengerechnet die Produktion jedes Elementes der Mischung für sich
allein im vollen Licht (10m2 Raigras und Klee zusammen produzieren mehr als
5m2 Raigras plus 5m2 Klee für sich alleine).
Man hat zB. nachweisen können, dass die meisten Pflanzen photosynthetisch
effizienter sind wenn sie nicht im vollen Sonnenlicht stehen (es gibt
Ausnahmen wie zB. der Mais, der eine effizientere Photosynthese hat als die
meisten anderen Kulturpflanzen und das pralle Sonnenlicht viel besser in
Wachstum umsetzen kann). Das heisst, dass im Halbschatten eine Pflanze
allein zwar pro m2 weniger Masse produziert, dafür aber pro Lichteinheit
mehr. Wenn wir also eine Mischkultur haben wo möglichst alle Pflanzen nicht
das volle Sonnenlicht abbekommen sondern e chli lichthungrig bleiben, dann
ist die totale Photosynthese-Effizienz von allen zusammen gesehen höher, es
wird mehr Masse produziert. Das erklärt ua. auch warum vielfältige Wiesen
bei mikrigem Boden so viel mehr produzieren können als Monokulturen auf
demselben Boden.

c) Und dann gibt es noch andere Effekte, wie zB. Frostschutz unter Bäumen,
oder Kaschierung der Signatur einer Pflanze, was deren Schädlinge verwirren
hilft.

FAZIT: Mischen ist a priori immer gut. Und das wäre doch voll in Dänu Lis
seiner Suchrichtung: Waldgärten??

Stimmt äch das was ich da schreibe? Kann jemand ergänzen oder korrigieren?
Ueli

On Wed, Nov 6, 2019 at 7:08 PM murat kaan <kalkanmurat@xxxxxxxxxxx> wrote:

Ach, ich muss noch viel lernen.. 😉
Wobei ich feststelle, dasss meine Himbeeren unter der Akazie
(wahrscheinlich) nicht ganz so gut wachsen, wie die vllt. 1-2m daneben?
Deshalb geht vllt. in der PK auch nicht immer ganz alles so einfach, wie
man denkt/ hofft. Aber unter dem Strich finde ich eigtl. auch genau das das
reizvolle, herauszufinden, was eben wie und wie lange geht. Ach, schade,
bin ich morgen nicht dabei. Viel Spass!


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*Von:* pkbern-bounce@xxxxxxxxxxxxx <pkbern-bounce@xxxxxxxxxxxxx> im
Auftrag von Ueli Scheuermeier <uelischeuermeier@xxxxxxxxx>
*Gesendet:* Mittwoch, 6. November 2019 18:31
*An:* pkbern@xxxxxxxxxxxxx <pkbern@xxxxxxxxxxxxx>
*Betreff:* [pkbern] Re: [pkbern] Re: [pkbern] Alleebäume als PK-Produkt?

Quadratmeterli für eine Schul-Eiche? Ich finde der Clou bei uns PK-isten
ist, dass wir dafür kein Quadratmeterli drangeben müssen, weil wir denken
anders und handeln dann auch anders: Eine dreijährige Eiche zB. nimmt
weniger Platz ein als eine Zucchetti, und die Zucchetti könnte erst noch
grad darunter eine Handbreit neben dem Daumendicken und 100cm hohen
Eichenstämmli gesetzt werden und denselben Quadratmeter besetzen wie die
Eiche, mit wesentlich erhöhter Wertschöpfung pro m2 als wenn Eiche und
Zucchetti schön separat und "sauber" auseinanderstehen. Und bei einer
6-jährigen Eiche können die Stangenbohnen doch gleich darum herum gesteckt
werden..... usw. Und die Arbeit die Stangen für die Bohnen zu setzen und zu
stabilisieren können wir auch gleich abziehen, weil dafür gibt es ja dann
den Batzen für die Eiche. Also in der Ergonomie völlig anders argumentiert
als die klassischen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen, usw.
Das ist es ja, was mich so an der PK fasziniert, dass wir da grundsätzlich
andere wirtschaftliche Argumentationsfenster finden als was
klassischerweise so dahergeredet und gerechnet wird. Die Synergien in
gerissenen Kombinationen sind doch die Würze der PK - und dort wo "das
Geld" steckt!

On Wed, Nov 6, 2019 at 5:14 PM murat kaan <kalkanmurat@xxxxxxxxxxx> wrote:

Klingt sehr gut, resp. profitabel. Würde ich vllt. auch ein Quadratmeterli
oder zwei für reservieren😉

Murat

Am 06.11.2019 um 17:00 schrieb Ueli Scheuermeier <
uelischeuermeier@xxxxxxxxx>:

Hoi zäme,
Kürzlich mit Thomas Mäusli diskutiert. Er ist der Chef der “Produktion”
von Stadtgrün Bern im Werkhof in der Elfenau.

Er gibt mir folgende erstaunliche Information:
1. Die Stadt setzt pro Jahr um die 200 Alleebäume an Stassen und
öffentlichen Plätzen usw. Tendenz vermutlich steigend mit den zukünftigen
Bemühungen wegen Klima und Biodiversität.

2. Das müssen selbstverständlich “geschulte” Bäume sein, dh:
-    spätestens jedes zweite Jahr ausgraben und an anderem Ort neu
pflanzen. Weil: Damit entwickelt sich ein Wurzelballen, wo dann genug
frische neue Wurzeln verfügbar sind, womit sich der Baum ernähren kann wenn
er dann ins Loch in der Allee gesetzt wird. Würde man einen 8-jährigen Baum
aus dem Wald einfach so ausgraben und versetzen würde man zuviele grosse
Wurzeln abhauen, und es sind dann zuwenige da um den Baum am Leben zu
erhalten.
-    erzogen, dh. gerader Stamm bis auf ca. 2m, und dann anständige
Astverteilung für eine anständige Krone.

3. Solche Bäume sind meistens 8-jährig bevor sie an den endgültigen
Standort kommen.

4. Die Stadt produziert nur etwa die Hälfte der Bäume die sie jedes Jahr
braucht. Sie produziert selbst nicht mehr, weil zu aufwändig und zu wenig
Platz. Also muss sie im Schnitt 100 Alleebäume pro Jahr einkaufen.

5. Jetzt der Hammer: Sie finden keine Baumschulen in der Region, die
ihnen genug geeignete Bäume verkaufen. Geeignet heisst: Sie möchten wo
immer möglich lokale Baumarten, und davon auch die lokalen Typen - aber
leider bekommen sie dann Eichen aus Polen oder Ahorne aus Holland, usw.

6. Den hiesigen Baumschulen ist es offenbar zu aufwändig für die Stadt
Alleebäume zu produzieren, folglich der zweite Hammer: Die hiesigen
Baumschulen importieren die Bäume eben aus Polen oder Holland, schlagen sie
3 Wochen bei sich ein - worauf sie die Bäume schon als “Schweizerware”
verkaufen dürfen. Der SGB ist das nicht Recht, aber sie haben keine Wahl.
Es werden schlicht zu wenig lokale Bäume angeboten.

7. Auf die Frage ob die Stadt zertifiziert lokale Bäume kaufen würde,
kam klar die Antwort von Thomas: Ja. Und pro Baum gibt es 800 Franken
(Stand 2019).

GOPF!
Was mir nicht in den Kopf will ist, warum das so aufwändig sein soll.
Klar, eine Eiche 8 Jahre lang so zu pflegen, dass sie dann tauglich ist,
das ist nicht ganz ohne, und da braucht es auch Fachwissen, resp.
Fachkönnen. Und das kann man lernen. Also, abgesehen davon, ist mir immer
noch nicht klar was da so aufwändig sein soll. Der lange Schnauf bis man an
Geld kommt? Das teure Land, welches man so lange dafür hergeben muss?

PK ahoi:
Wenn wir das mal aus PK-Sicht anschauen, dann kann ich mir folgendes
vorstellen:
A. Die Produktion solcher Alleebäume müsste sich doch ideal mit
intensiven Kulturen auf derselben Fläche kombinieren lassen, wenn man schon
alle Jahre ausgraben und neu einlochen muss. Die Bäume haben kleine Kronen,
und die Stämme selbst wie auch die notwendigen Stützpfosten wären ideale
Kletterhilfen für rankendes Zeugs.
B. Schon nur jedes Jahr einen neuen Baum in einem Garten, ergibt 8 Bäume
unterschiedlicher Grösse im Garten verteilt. Und dafür gibt es jedes Jahr
800.- aufs Konto. Bei 2 Bäumen pro Jahr 16 Bäume und 1'600 auf Konto… usw.
C. Die Stadt will nicht einzelne Bäume zusammensuchen. Na und?: Die
PK-Gärtner in und um Bern könnten sich zusammentun und gemeinsam der Stadt
pro Jahr zB. 20 Eichen verkaufen. Das wird man auch lange zum voraus planen
und zusichern können!
D. Und dafür müsste man sich mal bei SGB ausbilden lassen, was es
braucht, damit ein Baum entsteht, den sie kaufen können.
E. Und somit ein Dienst von uns PK-isten und der SGB an die
Stadtbevölkerung: Biodiversität steigern mit einheimischen Bäumen im
Stadtgebiet - einheimisch nicht nur in der Spezies, sondern auch genetisch
aus der Region stammend, womit erhöhte Resilienz und Biodiversität.

Was meint ihr? Mich würde das reizen. Vielleicht auch in der Hostet…..
Ueli Scheuermeier


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