Nürnberg - Eine Bank wird zum Kunsterlebnis

  • From: "Gustav Doubrava" <gustav.doubrava@xxxxxxxxxxx>
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  • Date: Wed, 5 Jun 2013 09:50:35 +0200

Eine Bank wird zum Kunsterlebnis

Wir genossen den regenfreien Nachmittag für einen Altstadtspaziergang. Am
Unschlittplatz ruhten wir ein wenig aus. Meiner Frau fiel ein seitlich an
der Bank befestigtes Kästchen auf, mit der Aufschrift „Lies mich“ in
Braille. Na ja, und das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich entnahm ein
handliches Bändchen mit Spiralbindung und war erstaunt, einwandfreie
Vollschrift zu lesen. Zwischen den Textseiten in Braille und in
Schwarzschrift war die Geschichte von dem Mann mit den roten Strümpfen als
Federzeichnung zu sehen. Eine Geschichte, die auf der Bank unter den
Platanen am Unschlittplatz spielte und die aus der Ferne beobachtet,
aufgeschrieben und „Auf“gezeichnet wurde, und die eine Wende nahm, als die
Polizei einschritt. 

Wir redeten über die einfach erzählten Begebenheiten und die kunstvollen
Zeichnungen und darüber, wie es dazu kam, dass diese Geschichte am Ort der
Handlung den Leuten zugänglich ist und noch dazu in Braille. Unsere Fragen
wurden von einer jungen Frau beantwortet, die uns ansprach und sich als
Autorin des Textes und der Zeichnungen vorstellte. Sie heißt Somayeh
Farzaneh und studiert in Nürnberg Kunst im öffentlichen Raum. Sie konnte von
ihrem Fenster aus den Mann auf der Bank beobachten. Braille wählte sie
zusätzlich, um auszudrücken, dass viele Menschen einfach blind sind für das
Geschehen im öffentlichen Raum. Das Braille-System habe sie sich aus dem
Internet geholt und mit einer Sticheltafel geschrieben. Ich habe selten eine
so exakte Stichelschrift und ein so einwandfreies Braille gelesen. 

Wenn Sie dort vorbeikommen, gönnen Sie sich die Zeit und lesen Sie "Der Mann
mit den roten Strümpfen" - eine Geschichte vom Unschlittplatz, erzählt in
Brailleschrift und mit Federzeichnungen. Braille-Lesern – das sind kaum 20%
der blinden Menschen – erschließt sich auch die Aussage der Zeichnungen
durch eine exakte Situationsbeschreibung. Wer schlecht sieht, wird Mühe
haben, die recht klein gehaltenen Texte zu lesen. 

Neu ist, dass Kunst im öffentlichen Raum auch Menschen darstellt, die es
nicht zu Denkmälern und Brunnen gebracht haben. 

Mehr erfahren Sie von und über die Künstlerin am Montag, 10. Juni, beim BBSB
am Bahnhofsplatz 6 in Nürnberg. Die Katholische Blinden- und
Sehbehindertenseelsorge hat sie zu ihrem Treffen ab 14 Uhr eingeladen. 

Gustav Doubrava 


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