[archimedes] Re: Von Patenten und Urheberrecht

  • From: Thomas Milius <Thomas-Milius@xxxxxxxxxxx>
  • To: archimedes@xxxxxxxxxxxxx
  • Date: Sun, 16 Dec 2018 18:15:11 +0100

In message <1455569207.417787.1544974762884@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
          Steffen Huber <steffen@xxxxxxxxxxxx> wrote:

Joerg Niggemeyer <beagle@xxxxxxxx> hat am 15. Dezember 2018 um 20:28 
geschrieben:


In message <1921814853.407205.1544897244453@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
          Steffen Huber <steffen@xxxxxxxxxxxx> wrote:

Aber Patente gelten nur 10 Jahre, d.h. das kann nicht mehr kritisch
sein. Da muss man nicht mal "prior art" ausgraben.

20 Jahre Patent, Gebrauchsmuster 10,

Du hast natürlich recht, da waren meine Neuronen aber schon
jahrelang fehlvernetzt. Ich schiebe das mal aufs Alter...

Im vorliegenden Falle ist es aber egal, weil sollte es da
ein Patent gegeben haben, sind auch die 20 Jahre lange vorbei.

Zu hinterfragen ist warum ein CR, z.B.
auf Bücher ohne Begrenzung ist, während Patente zudem "Geld" kosten
und nur 20 Jahre laufen.
Gleiches könnte man dann auf SW übertragen.

Ist ein schwieriges Geschäft. Ich habe da keine richtige Meinung
dazu. Eigentlich bin ich ein Freund des Urheberrechts. Aber auch
der diversen "Fair Use"-Klauseln. Irgendeine Klausel bräuchte man
noch, um "Abandonware" fair zu handhaben. Aber fair liegt halt
im Auge des Betrachters. Urheberrecht ist ja letztlich nichts anderes
wie die Eigentumsgarantie auf geistiges Eigentum. Eine Welt ohne
Eigentumsgarantie mag ich mir gar nicht vorstellen, während viele
Politiker und ihre Wähler das geradezu herbeizusehnen scheinen.

Patente haben ja quasi einen "erweiterten Kopierschutz" eingebaut,
von daher ist schon argumentierbar, warum das Geld kosten muss,
sonst würde ja jeder alles patentieren wollen - und wer prüft dann
die notwendige Schöpfungshöhe? Wie gesagt, schwierig.

Es ist ein sehr schwieriges Thema. Die von Dir angerissenen Aspekte erfordern
eigentlich, daß jedes Patent gründlich geprüft wird. Dies setzt aber
Personal, Zeit und Fachwissen voraus. Speziell in den USA hat man das
Precedere deshalb in Wildwestmanier drastisch vereinfacht. Wer zuerst etwas
möglichst weitscheifig Formuliertes in den Briefkasten des Patentamts wirft,
gewinnt. Außerdem lassen sich "leichte Nachjustagen" durch Heerscharen von
Rechtsanwälten vornehmen. Das entspricht grundsätzlich dem Grundprinzip des
American Way of Live. Wer Geld hat hat Recht, wer noch mehr Geld hat, hat
immer Recht, wer kein Geld hat, hat kein Recht und nimmt sich nicht selten
eine Strick bzw. einen Revolver in den Mund, weil er die Anwaltskosten nicht
bezahlen kann. Die EU tendiert leider auch dazu die alte europäische spießige
Patentrechtsauffassung, die tendenziell dem Erfinder im Hinterzimmer eine
kleine Überlebenschance läßt, zugunsten der US Spielregeln abzuschaffen.

Grundsätzlich brauchen wir echte Forschung und das sollte auch entlohnt
werden, es gibt aber ein paar praktische Probleme. Die Welt ist groß, wie
finde ich mit vertretbarem Aufwand sicher, ob ein Patent existiert, was mich
betrifft? Was ist ähnlich/gleich? Wenn der deutsche Steuerzahler eine
Professur (meist recht günstig) nebst Höllenmaschine (meist sehr teuer)
bezahlt, hat er eigentlich auch ein Anrecht darauf, die daraus resultierenden
Erkenntnisse nutzen zu dürfen. Vieles inspiriert sich gegenseitig. MPEG ist
so ein Beispiel. Viele Komponenten, wo sie viele Leute Gedanken gemacht
haben, spielen da rein. Einer, der nicht unbedingt den zentralen Beitrag
geleistet hat, hat es zum Patent angemeldet. Vieles liegt in der Luft bzw.
ist bei 1-2 wöchigem Nachdenken aus dem Studiumswissen ableitbar. Typisches
Beipsiel dafür, was kein Patent sein sollte, in den USA aber war: Die erste
beiden Stellen des Jahrhunderts aus dem Jahrzehnt ableiten. Wenn Du mit so
einer Aufgabe konfrontiert wirst, fällt Dir das i.d.R. innerhalb eines Tages
ein. Auch übel: der Knopf mit dem Einkaufswagen in Webshops (noch nie vorher
ein "add"/"hinzufügen" auf einer Webseite gesehen?!!?). Ganz schlimm treibt
es teilweise die pharmazeutische Industrie. Teilweise kostet die Forschung
wirklich Unsummen, andererseits wird da für Banalitäten eien Schau abgezogen.

Thomas Milius

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