[archimedes] Re: RISC OS Videos mit Titanium

  • From: Thomas Milius <Thomas-Milius@xxxxxxxxxxxxxxx>
  • To: archimedes@xxxxxxxxxxxxx
  • Date: Fri, 16 Aug 2019 20:58:37 +0200

In message <911b7fe457.Alex@xxxxxxxxxx>
          Alexander Ausserstorfer <bavariasound@xxxxxxxxxxxxxxx> wrote:

Im übrigen wurden ja bereits bei der Volksbefragung 2016 alle Briten
beschissen: Man ließ sie dafür abstimmen, ob sie die EU verlassen
wollten oder nicht. Sagte ihnen aber nicht, wie das genau vonstatten
gehen sollte und was das für sie konkrett bedeutete. Es lag kein genauer
Plan vor. Sprich: die Volksabstimmung hätte so gar nicht durchgeführt
werden dürfen. Denn jeder kann sich darunter was anderes vorgestellt
haben. Wird in anderen Ländern wie in Irland so übrigens auch nicht
gehandhabt.

Das ist einerseits richtig, andererseits auch wieder nicht. Politiker
und Medien, je nachdem wo sie politisch stehen, erzählen einem gerne "einen
von Pferd". Jeder Wahlkampf besteht von allen Seiten aus Wahlversprechern.
Wenn Du Glück hast, machen sie nicht das Gegenteil von dem, wofür Du sie
gewählt hast.

Du selber mußt Dich schon selbst informieren. Das ist alles andere als
leicht und ich glaube, daß es bei Themen der Größenordnung, wie dem Brexit
niemanden gibt, der alle Facetten und Aspekte annähernd überblickt. Zuletzt
habe ich mitgekriegt, daß das Thema Agrarsubventionen wieder eine große
Rolle spielte. Klar ist das für Landwirte extrem wichtig und die britische
Regierung muß im Falle eines Brexits dafür natürlich eine Antwort haben. Nur
grundsätzlich sagt ein Verbleib in der EU genausowenig darüber aus, ob es den
Landwirten gut geht, als wenn man aus der EU austreten würde. Die sog.
Dürrehilfen wurden von deutschen Landwirten als Lachnummer empfunden und
irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, daß sich mindestens pro Woche ein
Landwirt in Niedersachsen aufknüpft oder erschießt, weil er nicht mehr weiß,
wie er Haus und Hof bezahlen soll und das, ohne daß diese Leute einen
aufwendigen Lebensstil pflegen und obwohl sie häufig bis zum Umfallen
arbeiten. Und das eben im EU-Land Deutschland.

Bei vielen Dingen wird man ein Für oder Wider finden, aber entscheidend ist,
was man aus solchen Veränderungen macht.

Beim Brexit geht es ja darum wer wo was zu sagen hat. Pauschal kann man das
nicht mit gut oder schlecht in eine Richtung beantworten, aber mir ist
im Moment wirklich nicht nach mehr EU, zuviel ist da in den letzten Jahren
schief gelaufen. Im kleinen kann man, von solchen Verwaltungshierarchien
befreit, natürlich flexibler und damit besser agieren, d.h. aber nicht
automatisch, daß man das auch tut.

Auch wenn mich alle hier zerreisen sollten, so ganz mies fand ich als recht
Unbeteiligter Mays Kompromiss nicht. Das Problem war aber eben der
Backstop. Die Begründung der EU bzgl. des Bürgerkriegs in Nordirland halte
ich für vorgeschoben. Man kann Grenzen so und so handhaben. Als ich vor
Jahrzehnten in Österreich Urlaub gemacht habe, haben meine Eltern und ich
evt. einmal ein Problem mit den Wartezeiten an Grenzkontrollen gehabt. EU
ohne Kontrollen heute? Eine Lachnummer. Unsere Verwandten wohnen in
Luxemburg. Normalerweise ist da keine Grenze beim Besuch, aber wehe, wenn die
hohen Damen und Herren in Luxemburg tagen. Da wird kontrolliert, schlimmer
als in vor EU Zeiten an der Grenze zu Österreich. Warum nur? Um mal den
Leitspruch des englischen Hosenbandordens zu zitieren: "Verachtet sei, wer
schlecht darüber denkt".

Wenn die EU sich beim Backstop bewegt hätte, und die Briten andererseits
die Kontrollen zu Irland eher auf dem Papier gesehen hätten, wäre das Thema
längst und meiner Meinung nach zur Zufriedenheit großer Teile beider Seiten
durch.

Was ich über die britischen Notfallpläne gelesen habe, war auch alles andere
als radikal. Man hätte im Prinzip erstmal alles so gelassen und ganz langsam
hier und da mal was geändert. So wäre es pragmatisch gewesen und hätte
garantiert funktioniert. Nur das wollte man in der EU nicht. Der Wille an den
angebl. Cherry pickenden Briten ein Exempel zu statuieren war einfach zu
groß. Man hatte wohl Bedenken, daß andere das nachmachen würden. Wenn man
allerdings zu Zwangsmasßnahmen und Abschreckung greift, anstelle durch
Vorteile zu überzeugen, geht der Schuß i.d.R. voll nach hinten los,
insbesondere, wenn man nicht bereit ist, die eigene Politik, die ja erst den
Nährboden für sowas bereitet hat, für fünf Pfennig zu korrigieren.

Das Niveau ist auf beiden Seiten gründlich im Keller. Mag sein, daß Boris
da den Briten vor der Abstimmung einige seltsame Dinge versprochen hat,
die Kampagne der Gegenseite hatte, soweit ich das mitbekommen habe, aber
mindestens ein ähnliches Niveau. Es hat nur noch gefehlt, daß man den Briten
erzählt hätte, daß sie einen Monat nach dem Austritt in Bärenfellen umher
laufen müßten (sofern sie nicht verhungert sind).

Thomas Milius

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